Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Welche Krankenversicherung für Rentner?
Gesetzlich Krankenversicherte können im Alter mitunter Beiträge sparen
HAMBURG/BERLIN (dpa) - Freiwillig gesetzlich krankenversichert und gleichzeitig Bezieher einer gesetzlichen Rente: Wer zu diesem Personenkreis zählt, kann möglicherweise viel Geld sparen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist ein Wechsel in die günstigere Krankenversicherung der Rentner (KVdR) möglich.
Auf den ersten Blick könnte der Eindruck entstehen, die KVdR sei eine eigenständige Krankenkasse. Das ist sie aber nicht. „Vielmehr ist KVdR ein Status, den gesetzlich versicherte Rentner haben können – oder eben auch nicht“, sagt Jochen Sunken von der Verbraucherzentrale Hamburg. Bei jeder gesetzlichen Krankenversicherung gibt es den KVdR-Status.
Um ihn zu bekommen, müssen Versicherte bestimmte Voraussetzungen erfüllen. In der KVdR werden diejenigen pflichtversichert, die eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung beantragt und einen Rentenanspruch haben. „Außerdem muss eine Vorversicherungszeit erfüllt sein“, erläutert Claudia Widmaier vom GKV-Spitzenverband.
Das ist der Fall, wenn Versicherte zu 90 Prozent der zweiten Hälfte ihres Erwerbslebens Mitglied in einer gesetzlichen Krankenkasse oder familienversichert waren. „In die Berechnung der Vorversicherungszeit fließen seit 2017 auch Kinder ein“, sagt Sunken. Für jedes Kind kommen drei Jahre Vorversicherungszeit hinzu.
Es zählt jede auf Erwerb gerichtete oder zur Ausbildung ausgeübte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit – auch im Ausland. Unter Umständen ist es außerdem möglich, Beschäftigungen bei einer internationalen Organisation auf die Vorversicherungszeit anrechnen zu lassen.
War jemand nicht erwerbstätig, kommt es auf den Tag der Eheschließung oder der Eintragung einer Lebenspartnerschaft an. Sonst ist der Tag der Vollendung des 18. Lebensjahrs maßgeblich.
Der entscheidende Unterschied zwischen einer Pflichtversicherung in der KVdR und einer freiwilligen Versicherung
ist nicht der Beitragssatz – der ist identisch. Vielmehr geht es um die Beitragsbemessung, also auf welche Einnahmen Beiträge zu leisten sind.
Rentner in der KVdR zahlen keine Krankenkassenbeiträge auf Einnahmen durch Vermögen, Vermietung und Verpachtung, auch nicht auf Privatrenten. „Bei Einkünften aus der betrieblichen Altersvorsorge haben sie einen Freibetrag“, erläutert Sunken.
Der Beitragssatz liegt bei den üblichen 14,6 Prozent sowie dem kassenindividuellen Zusatzbeitrag, der 2021 im Schnitt 1,3 Prozent beträgt.
Für Rentner übernimmt die Deutsche Rentenversicherung, ähnlich wie ein Arbeitgeber, die Hälfte der Beiträge auf die Rente. Konkret bedeutet das: Auf die Rentenzahlungen sind bei einem durchschnittlichen Zusatzbeitrag von der Rentnerin oder dem Rentner die Hälfte von 15,9 Prozent – also 7,95 Prozent – zu tragen.
Wichtig zu wissen: Es ist möglich, nachträglich in die KVdR zu wechseln – wenn die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft gegeben sind. Dafür müssen Versicherte bei ihrer Krankenkasse einen Antrag auf Überprüfung ihres Status stellen.
Laut Sunken zeigen die Beratungserfahrungen der Verbraucherzentrale, dass vor allem Selbstständige, die freiwillig versichert und im Ruhestand sind, betroffen sind. „Die Krankenkasse kommt nicht von sich aus auf die Versicherten zu, weil sie dann weniger Einnahmen erzielen würde“, sagt der Verbraucherschützer. Bei der Antragstellung sollte jeder selbst darauf achten, dass die Berechnung der Vorversicherungszeit richtig ist.
Vor allem sollten Antragsteller nicht die anrechenbaren Zeiten für Kinder vergessen. „Hierbei ist es völlig unerheblich, wer den Nachwuchs faktisch betreut hat“, erklärt Sunken. Jeder Elternteil kann sich jeweils drei Jahre anrechnen lassen.
Ebenfalls unerheblich ist es, ob man in seinem Erwerbsleben freiwillig gesetzlich versichert oder ob man ganz oder zeitweise in der Familienversicherung versichert war. „Entscheidend ist nur, ob man in der gesetzlichen Krankenversicherung war oder nicht“, sagt Sunken. Wer Fragen zur Krankenversicherung der Rentner hat, kann sich an die Patientenberatungen der Verbraucherzentralen wenden.