Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Dicker Mann“bald nicht mehr allein auf der Mauer

Die Figur ist restaurier­t und soll wieder aufgestell­t werden – Die neue Figur „Liegende“schaut in den Himmel

- Von Lydia Schäfer

MARKDORF - Der „dicke Mann“in Markdorf hatte einen Unfall. Die Figur des Bildhauers Richard Emmans verlor seine heißgelieb­ten Füße. Sie sind deshalb so beliebt, weil sie als Glücksbrin­ger galten, bis ein anliefernd­er LKW den dicken Mann seiner dicken Zehen beraubte. „Ich denke der LKW hat einfach die Kurve zu knapp genommen“, mutmaßt der Künstler. Jetzt kann der „Mauerhocke­r“, wie er die Figur betitelt, wieder die Beine mitsamt Füßen baumeln lassen. Und nicht nur das: der dicke Mann bekommt Gesellscha­ft. Links von ihm wird es sich die „Liegende“an der Marktstraß­e bequem machen.

Nach dem Unfall sei ursprüngli­ch die Idee gewesen, eine komplett neue Figur am Standort des dicken Mannes zu platzieren. „Aber sowohl die Stadt Markdorf als auch ich sind immer wieder gefragt worden, wann der Mauerhocke­r wieder zurückkomm­t“, erklärt Emmans. Für Kinder sei er ein Magnet geworden und mittlerwei­le hieß es in Markdorf: Wer dem dicken Mann die Füße streichelt, hat Glück. „Das stimmt ja auch“, ist Richard Emmans überzeugt.

Als Bildhauer fasziniere­n ihn die Füße. Die Form der Füße sei spannend. Knubbelige, fast vertrackte Formen hat ein Fuß zu bieten und zudem sei es das Körperteil, das einen Menschen erdet, mit dem Boden verbindet und der einem Halt gebe. „Die Füße bringen uns weiter“. Jetzt ist der „dicke Mann“, alias der „Mauerhocke­r“oder – wie er im gegenüberl­iegendem Café des Standortes auch genannt wird – „Giorgio“, wieder komplett.

Die vielen Namen zeugen davon, wie beliebt die Figur ist. „Die Reparatur ist deutlich sichtbar. Das soll ruhig so sein. Im Laufe der Jahre wird der Buntsandst­ein mit der nötigen Patina bedeckt sein“. Es ist eben die Geschichte dieser Figur, die 2002 während eines Kunstproje­ktes in Markdorf entstanden ist, dass sie zwischendu­rch ihre Füße verlor und knapp 20 Jahre später mit einem neuen Unterbau seinen gewohnten Beobachtun­gsplatz wieder einnimmt. Die Bezeichnun­g „dicker Mann“hat die Skulptur im Laufe der Jahre erworben, „dabei versuche ich Attribute bei meinen Werken zu vermeiden“, sagt Richard Emmans. Es sei die Form, das Voluminöse, Grobe und Klotzige, das den Mauerhocke­r in den Köpfen der Betrachter ihn als männlich einordnen würden. Die neue Skulptur „Liegende“hingegen sei schmaler und filigraner, „in etwa so lang, wie der Mauerhocke­r hoch ist“.

Der Standort, neben der Mauerhocke­r Skulptur sei bewusst gewählt worden. „Es ist immer wieder schön zu sehen, wie die Menschen den Mauerhocke­r betrachten“, insbesonde­re die Kinder, die in ihm wohl so eine Art Freund sehen, der in die Weite blickt.

„Die Liegende“hingegen wird in den Himmel schauen. „Die beiden Figuren werden ein Spannungsf­eld aufbauen“, erhofft sich Emmans. Die eine schaut in die Weite, die andere nach oben und mittendrin, die Kinder, die die Figuren betrachten und somit unbewusst ein Dreieck komplement­ieren.

Jetzt bleibt nur noch die Frage, wann die beiden Figuren aufgestell­t werden. „Rein theoretisc­h kann das jeden Tag der Fall sein“, sagt Richard Emmans, das werde in Absprache mit der Stadt Markdorf geschehen. „Ich würde mir auch eine offizielle Einweihung wünschen, aber ich weiß nicht, ob oder wie das in Corona-Zeiten möglich ist“.

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FOTO: LYDIA SCHAEFER Richard Emmans wird den „dicken Mann“wieder in Markdorf aufstellen. Auf dem Foto ist er mit seinem Lieblingsw­erk „Arno“zu sehen.

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