Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Wie sauber ist der Rößlerweiher in Schlier?
Wasserqualität ist plötzlich nur noch „ausreichend“– Doch das ist nur die halbe Wahrheit
SCHLIER - Der Rößlerweiher in der Gemeinde Schlier ist ein beliebter Badesee im viel besuchten Naherholungsgebiet des Schussentals. Die Behörden attestierten ihm in den vergangenen Jahren stets eine „ausgezeichnete“Wasserqualität. Nun sorgt ein aktueller Bericht für Irritationen: Der Weiher wird plötzlich nur noch mit ausreichend“bewertet. Was steckt dahinter?
Das sorgte für Unverständnis: Anfang Juni veröffentlichte die Landesanstalt für Umwelt ihre Bewertung nach der EU-Badegewässerrichtlinie und stellte darin fest, dass zwar die meisten Gewässer im Land eine sehr gute, aber sechs Gewässer nur eine ausreichende Qualität aufweisen. Darunter auch der Rößlerweiher. Die Bewertung war umso befremdlicher, da dem Rößlerweiher in den Jahren 2016 bis 2019 immer eine ausgezeichnete Qualität attestiert wurde. Innerhalb der vier Klassifizierungsstufen von ausgezeichnet, gut, ausreichend und mangelhaft fiel die Bewertung für das Jahr 2020 damit um zwei Stufen ab. Eigenartig auch deshalb, da der Weiher in jedem Jahr zum Abfischen abgelassen und neu befüllt wird. Der Badegewässerbericht der europäischen Umweltagentur in Kopenhagen, der den Bewertungen zugrunde liegt, weist bei der Untersuchung der möglichen Gefahren von Verschmutzung durch eine Massenvermehrung von Phytoplankton oder Blaualgen schon in den vergangenen Jahren eine mittlere Belastung aus. Genauso bei den Makroalgen wie beispielsweise Schlingpflanzen. Eine Kläranlage, Wohngebiete, ein Campingplatz, Liegeplätze für Boote oder ein Industriegebiet sind nicht in der Nähe. Woher kommt also diese schlechtere Bewertung?
Der Leiter des Gesundheitsamts in Ravensburg, Michael Föll, in dessen Verantwortung die Messungen der Wasserqualität der Seen und Flüsse im Landkreis liegt, erklärt die Bewertung. Die Europäische Umweltagentur sammelt über die ganze Saison die Daten, die mit einem hochkomplexen, statistischen Bewertungsverfahren erfasst werden. Wenn dabei nur ein Ausreißer ist, kann das die Statistik beeinflussen. Wenn beispielsweise mehrere Werte mittelmäßige Belastungen ergeben, aber ein Wert schlecht ist, komme ein ziemlicher Sprung zustande, der sich nicht auf die aktuelle, sondern auf die ganzjährliche Bewertung auswirke.
Für die Badegäste sind allerdings immer die aktuellen Qualitätsmessungen entscheidend. Und diese Messungen werden in der ganzen Badesaison vom Gesundheitsamt durchgeführt. Es kann dabei natürlich auch sein, dass eine Messung erhöhte Werte ergibt. Sei es beispielsweise durch Starkregen, vermehrte Wildvögel oder ähnliche Einträge.
Das Gesundheitsamt muss aktuell, im Gegensatz zu früher, wo man sich mit den Messungen auch nach der Witterung gerichtet hat, dem Landesgesundheitsministerium vor Beginn der Saison einen verbindlichen Probeentnahmeplan vorlegen. Auch deshalb kann es sein, dass eine aktuelle Messung, wenn beispielsweise bei Starkregen gerade die Landwirtschaft ihre Gülle ausbringt, erhöhte Werte zeigt. In diesem Fall wird erneut kontrolliert und bei hoher Belastung natürlich nicht aufgrund des Jahresberichts, sondern sofort reagiert. Das war beim Rößlerweiher jedoch noch nie nötig, wie
Michael Föll erklärt. Die Gemeinde Schlier hat seit 2000, als sie sich am Programm zur Sanierung der oberschwäbischen Seen beteiligt hat, viel für die Verbesserung der Wasserqualität getan. Problematisch war immer schon eine erhöhte Phosphatbelastung. Der Rößlerweiher hat Zuflüsse durch den Kehrenberger Kanal, den Eibenbach, den Stillen Bach und die Regenüberlaufbecken in Unterankenreute und in Erbisreute am Zulauf. Es wurden in den vergangenen Jahren schon verschiedene, teils aufwändige Baumaßnahmen durchgeführt, um die Wasserqualität des Weihers beziehungsweise seiner Zuund Abflüsse zu verbessern. Das hat sich inzwischen auch ausgezahlt.
Bürgermeisterin Katja Liebmann informiert auf Nachfrage, dass gerade aktuell die Wasserqualität im Rößlerweiher kontrolliert wurde und für einwandfrei befunden wurde. „Es gibt momentan keinerlei Anlass zu Bedenken“, so auch Michael Föll. Wenn jetzt die Badesaison startet, können sich die Rößlerfreunde bedenkenlos ins kühle Nass stürzen. Die Überwachung der Wasserqualität bleibt auch in dieser Saison bestehen.