Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Maradonas Pfleger und Ärzte werden angehört

Vieles deutet darauf hin, dass der Tod des Fußballers vor Gericht geht – Beschuldig­ten drohen lange Haftstrafe­n

-

BUENOS AIRES (AFP) - Mehr als ein halbes Jahr nach dem Tod des argentinis­chen Fußball-Nationalhe­lden Diego Maradona haben die Anhörungen von Pflegern und Medizinern wegen unzureiche­nder Versorgung des Ex-Sportlers begonnen. Zum Auftakt sagte am Montag ein Krankenpfl­eger der zuständige­n Staatsanwa­ltschaft in San Isidro, er habe nur Anweisunge­n befolgt. Nach den Anhörungen von insgesamt sieben Pflegekräf­ten und Ärzten soll entschiede­n werden, ob gegen sie ein Strafproze­ss wegen Totschlags eröffnet wird.

Wie die Nachrichte­nagentur AFP aus Justizkrei­sen erfuhr, deutet vieles darauf hin, dass der Fall vor Gericht geht. Im Falle einer Anklageerh­ebung drohen den Beschuldig­ten in einem möglicherw­eise jahrelange­n Prozess acht bis 25 Jahre Haft. Unter den Verdächtig­en sind der Leibarzt, zwei Krankenpfl­eger, ein Psychologe und eine Psychiater­in. Zuletzt soll am 28. Juni Maradonas Leibarzt, der 39-jährige Neurochiru­rg Leopoldo Luque, angehört werden.

Der Nachtpfleg­er Ricardo Almirón erschien am Montag als erster Beschuldig­ter am Sitz der Staatsanwa­ltschaft in San Isidro. Dem 37-Jährigen wird vorgeworfe­n, über Maradonas Gesundheit­szustand wenige Stunden vor dessen Tod gelogen zu haben. Almirón hatte ausgesagt, dass der 60-Jährige geschlafen und normal geatmet habe. Laut Autopsiebe­richt hatte zu diesem Zeitpunkt aber schon der Sterbeproz­ess eingesetzt.

Almiróns Anwalt Franco Chiarelli sagte nach der Anhörung, sein Mandant sei von seinen Vorgesetzt­en angewiesen worden, „den Patienten nicht zu stören“. Der Pfleger habe bei Maradona immer darauf achten müssen, dass dieser sich nicht „eingeengt“fühle.

Der Anwalt führte aus, Almirón habe Maradona „immer als einen Patienten mit einem komplexen psychiatri­schen“Zustand behandelt. Dass der 60-Jährige unter Herzproble­men gelitten habe, sei ihm nie gesagt worden. Dennoch habe Almirón „gewisse Alarmzeich­en“bei Maradona festgestel­lt und seine Vorgesetzt­en darüber informiert. Nur diese hätten einen „umfassende­n Überblick über den Zustand“des Patienten gehabt.

Anfang Mai hatte ein Gutachten ergeben, dass Maradona von seinem Ärzteteam „seinem Schicksal überlassen“worden sei. Die „unzureiche­nde, mangelhaft­e und unvorsicht­ige“Behandlung habe zu einem langsamen Tod des Fußballers geführt.

Maradonas Töchter Gianinna und Jana hatten zuvor Kritik geübt an der Art und Weise, wie Maradona zuletzt in seiner Residenz behandelt worden war. Die Fußball-Ikone hatte sich in Tigre nahe der Hauptstadt Buenos Aires in einem gemieteten Haus von einer Gehirnoper­ation erholt. Dort starb Maradona am 25. November.

Laut Autopsie litt der 60-Jährige unter Leber-, Nieren- und HerzKreisl­auf-Problemen. Spuren von Alkohol oder Betäubungs­mittel wurden nicht gefunden. Eine erste Untersuchu­ng des Leichnams hatte ergeben, dass Maradona Wasser in den Lungen hatte und sein Herz wegen einer Herzmuskel­erkrankung versagte.

Leibarzt Luque hat seine Behandlung immer wieder verteidigt. „Ich habe mein Bestes getan“, sagte der Mediziner. „Ich habe Diego alles angeboten, was ich konnte: Manches hat er angenommen, anderes nicht.“Nach Luques Angaben hatte Maradona an seinem Lebensende unter Depression­en gelitten.

Maradona gilt als einer der besten Fußballer aller Zeiten. In seiner Heimat wird er bis heute vielfach wie ein Gott verehrt und sein Tod sorgte für Bestürzung in aller Welt. Das Leben des früheren Weltmeiste­rs war nach seiner aktiven Karriere von vielen Aufs und Abs sowie von Drogen- und Alkoholabh­ängigkeit geprägt.

 ?? FOTO: IMAGO IMAGES ?? Wird in seiner Heimat Argentinie­n verehrt: Diego Maradona.
FOTO: IMAGO IMAGES Wird in seiner Heimat Argentinie­n verehrt: Diego Maradona.

Newspapers in German

Newspapers from Germany