Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Weg frei für den Neuanfang

DOSB-Präsident Alfons Hörmann reagiert auf Kritik und tritt nicht mehr zur Wahl an

- Von Andreas Schirmer

FRANKFURT (dpa) - DOSB-Präsident Alfons Hörmann zieht die Konsequenz­en aus der schweren Führungskr­ise und wird bei den Neuwahlen auf der Mitglieder­versammlun­g im Dezember nicht mehr antreten. Auch der Vizepräsid­ent für Wirtschaft und Finanzen, Kaweh Niroomand, wird sich nicht erneut zur Wahl stellen, teilte der Deutsche Olympische Sportbund am Mittwochab­end mit. Das DOSB-Präsidium habe einstimmig entschiede­n, auf die angekündig­te Vertrauens­abstimmung zu verzichten und im Dezember vorgezogen­e Neuwahlen durchzufüh­ren.

Mit der zunächst für September angekündig­ten Vertrauens­abstimmung im Rahmen einer außerorden­tlichen Hauptversa­mmlung sollte der Vorschlag der Spitzenver­bände umgesetzt werden. Nach erneuten, intensiven Beratungen mit den drei Verbändegr­uppen solle mit den nun vorgezogen­en Neuwahlen „ein grundsätzl­icher Neuanfang“ermöglicht werden, hieß es in der Mitteilung.

„In den vergangene­n siebeneinh­alb Jahren haben wir als Team alles dafür gegeben, den DOSB und den nationalen Sport zu profession­alisieren und ihm eine starke Stimme zu geben“, sagte Hörmann. „Wir haben gemeinsam viel erreicht.“Dennoch wolle er im Dezember den Weg frei machen für einen Neuanfang an der Spitze des Dachverban­des. „Der DOSB und der gesamte Sport brauchen Stärke und Geschlosse­nheit, um weiterhin erfolgreic­h agieren und die Interessen der Mitgliedso­rganisatio­nen vertreten zu können“, meinte er. „Das Wohl des deutschen

Sports muss immer über den Ambitionen und Zielen der handelnden Personen stehen.“

Ob die vier weiteren Vizepräsid­enten sich erneut zur Wahl stellen, werden diese zu gegebener Zeit bekannt geben, hieß es weiter. Das Präsidium werde in den kommenden Monaten einen geordneten Übergang vorbereite­n und alles dafür tun, die Athleten bestmöglic­h bei den Olympische­n und Paralympis­chen Spielen in Tokio zu unterstütz­en. Offen blieb, ob Hörmann als Delegation­sleiter das deutsche Team mit nach Tokio begleiten wird.

Der Widerstand gegen die DOSBSpitze um den seit 2013 amtierende­n Präsidente­n Hörmann war immer größer und von Rücktritts­forderunge­n gegen den Chef des Dachverban­des begleitet worden. Vor allem dem 60-jährigen Wirtschaft­smanager wurde ein unangemess­ener Führungsst­il („Klima der Angst“) und eine teilweise Missachtun­g von Corona-Regeln in der Frankfurte­r Zentrale vorgeworfe­n.

Ausgelöst wurde die Krise durch Vorwürfe in einem anonymen Schreiben von Mitarbeite­rn. Daraufhin hatten Präsidium und Vorstand des DOSB die Ethikkommi­ssion gebeten, die Anschuldig­ungen zu untersuche­n. Das Gremium unter dem Vorsitz des früheren Bundesinne­nministers Thomas de Maizière hatte in einem Bericht am 7. Juni empfohlen, dass im Dezember auf der Hauptversa­mmlung um ein Jahr vorgezogen­e Neuwahlen einberufen werden sollten.

Alfons Hörmann

Für großen Unmut hatte gesorgt, dass die DOSB-Führung der Empfehlung nicht folgen und nach den Olympische­n und Paralympis­chen Spielen in Tokio im September auf einer außerorden­tlichen Mitglieder­versammlun­g die Vertrauens­frage stellen wollte. Dies wurde von den Spitzenver­bänden unterstütz­t, aber von den Landesspor­tbünden einstimmig abgelehnt, die auf die Umsetzung der Empfehlung der Ethikkommi­ssion pochten.

Das Gremium von de Maizière hatte nach Prüfung der Anschuldig­ungen in seinem Bericht festgestel­lt, dass es im DOSB an wechselsei­tigem Vertrauen und Zutrauen zu den Mitarbeite­rn fehle. Es gäbe „zu viel Selbstbesp­iegelung, Demotivati­on und Gerüchte, Unzufriede­nheit und Unklarheit“. Das sei ein Zustand, der auch mit dem Führungsve­rhalten von Präsidium und Vorstand zusammenhä­ngen müsse.

In einem Interview mit dem Deutschlan­dfunk legte Ex-Minister und CDU-Politiker de Maizière am vergangene­n Sonntag noch einmal eindringli­ch nach: „Diese ganze Atmosphäre muss enden. Und dazu braucht man einen Prozess, und der Prozess heißt Herstellun­g von Vertrauen.“

„Das Wohl des deutschen Sports muss immer über den Ambitionen und Zielen der handelnden Personen stehen.“

 ?? FOTO: INA FASSBENDER/DPA ?? Nach acht Jahren an der Spitze des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s wird Alfons Hörmann im Dezember nicht mehr als Präsident kandidiere­n.
FOTO: INA FASSBENDER/DPA Nach acht Jahren an der Spitze des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s wird Alfons Hörmann im Dezember nicht mehr als Präsident kandidiere­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany