Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Streit um Wellenschläge der Katamarane
Arbeitsgruppe Bodenseeufer fordert Untersuchung
FRIEDRICHSHAFEN - Die Arbeitsgruppe Bodenseeufer (AGBU) hat gegen die Pläne der BodenseeSchifffahrtsbetriebe (BSB) protestiert, einen neuen elektrisch-angetriebenen Katamaran zwischen Meersburg, der Insel Mainau und Uhldingen ohne weitere Untersuchungen einzusetzen. Der Grund liege in den Wellen der Katamarane, die die Ufervegatation und archäologische Unterwasserstätten zerstören würden. Die BSB widersprechen, die Sache liegt bei den Landratsämtern in Konstanz und Friedrichshafen.
Die AGBU ist ein Zusammenschluss von Wissenschaftlern und Ingenieuren, die aus verschiedenen Disziplinen das Ziel verfolgen, die Bodenseeufer zu erforschen, damit ein besseres Verständnis der ökologischen Zusammenhänge zu schaffen und „zu einer nachhaltig umweltgerechten Nutzung des Ufers beizutragen“.
Ihr Sprecher Michael Dienst hat sich auch an die Landtagsabgeordneten des Bodenseekreises und des Landkreises Konstanz gewandt. Die Verbände BUND-Regionalverband Bodensee-Oberschwaben, Nabu-Bezirksverband Donau-Bodensee, der Landesfischereiverband BadenWürttemberg und der Landesnaturschutzverband haben sich den Forderungen des AGBU angeschlossen.
Sie sehen eine Verschlechterung der ökologischen Situation am Bodensee, besonders am Überlinger See. Auch wenn das neue Schiff am Überlinger See mit einer Geschwindigkeit von nur 15 Stundenkilometern fahren soll, könnten seine Wellen für noch mehr Erosion an Ufer, archäologischen Denkmälern und geschützter Vegetation erzeugen.
„Beim Bau eines emissionsfreien BSB-Katamarans wird ignoriert, dass diese Rumpfform zerstörende Wellen verursacht. Dazu gab es von Hilmar Hofmann Untersuchungen zur Genehmigung des Katamarans KN-FN, die aber nicht öffentlich sind“, sagt Michael Dienst.
Der Umweltphysiker der Uni Konstanz, Hilmar Hofmann, hat in dem Schreiben an die Abgeordneten ebenfalls Stellung bezogen und unterstützt die Forderung des Arbeitskreises nach einem Wellengutachten und einer FFH-Umweltverträglichkeitsprüfung. Außerdem will die Arbeitsgruppe Einsicht in die Unterlagen der neuen Schiffe nehmen.
Die BSB hat ganz andere Ansichten in dieser Sache. „Wir können die Bedenken bezüglich der neuen ESchiffe nicht teilen. Im Vorfeld der Ausschreibung wurden intensive Untersuchungen vorgenommen, um die für den vorgesehenen Einsatzzweck beste Bauform zu ermitteln. Die Aussage ist falsch, dass Katamarane grundsätzlich ein für die Umwelt schädlicheres Wellensystem verursachen“, schreibt ein BSBSprecher.
Ein 2008 bei den Katamaranen der Katamaran Reederei Bodensee (KRB) durchgeführtes Gutachten habe ergeben, dass diese bei 40 Stundenkilometern Wellen mit einer geringeren Wellenhöhe erzeugen als die Einrumpfschiffe bei 22 Stundenkilometern.
Die maßgeblichen Faktoren für den Energiegehalt einer Wasserwelle sei die Geschwindigkeit und Höhe der durch das Schiff induzierten Welle. „Die neuen Katamarane der BSB fahren mit 15 km/h und erzeugen dabei eine Wellenhöhe von nur 15 Zentimetern. Bei den Katamaranen der KRB reden wir von 40 km/h und einer Wellenhöhe von 50 Zentimetern. Hier ist die Energiedichte in Joule/Meter Wellenbreite um den Faktor 8 größer. Hier werden zwei grundsätzlich verschiedene Schiffe miteinander verglichen. Dies ist aus technisch-wissenschaftlicher Sicht nicht haltbar“, sagt die BSB.
Die Konstanzer Schifffahrtsbetriebe haben mit der Projektierung von MS ARTEMIS, dem Elektro-Katamaran, von Anfang an bei der Gestaltung der Schiffslinien, die ursächlich für das Wellensystem sind, Wert auf ein geringes induziertes Wellensystem gelegt, so die BSB. Dies sei von dem entwerfenden Design Büro mittels rechnerischer Methoden, genannt werden CFD (Computational Fluid Design), abgesichert.
Die Untersuchungen von Hilmar Hofmann ergeben andere Ergebnisse. Nicht die Wellenhöhe sei in erster Linie wichtig, sondern die Wellenperiode, also die Zeit zwischen den einzelnen Wellen. Die liegen bei Passagierschiffen bei rund drei Sekunden, bei den Fähren bei rund vier Sekunden und bei den Katamaranen zwischen fünf und sieben Sekunden. Umso länger die Periode, desto länger die Welle. Soll heißen, dass die Katamarane bis zu 30 bis 40 Meter lange Wellen erzeugen. Als Faustformel rechnet man die halbe Wellenlänge, wenn man ermitteln will, bis wie tief eine Welle Kraft entfaltet. Das wären dann Wassertiefen von 15 bis 20 Metern. In den Flachwasserzonen wird die Energie der Welle gestaucht, die Welle wird höher. Dadurch würden sowohl Vegetation, Vogelbrutgebiete und archäölogische Unterwassersysteme gestört, sagt der Arbeitskreis.
Hilmar Hofmann will es nicht dramatisieren: „Es kann sein, dass die Wellen der neuen Katamarane sich aufgrund der niedrigen Geschwindigkeit nicht sehr zu denen der anderen Schiffe unterscheiden. Das aber muss untersucht werden.“Und genau das ist Anliegen des AGBU. Der Bodenseekreis und das Landratsamt Konstanz wurden über den geplanten E-Katamaran und die Forderung über eine FFH-Umweltprüfung am vergangenen Montag, 26. Juli, informiert. Dazu wird nun eine gründliche Überprüfung erfolgen müssen.