Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Kunst- und Kulturhaus „Mühle“feiert doppelte Wiedereröffnung
Zahlreiche Besucher kommen trotz Einschränkungen zu Konzert und Vernissage
OBERTEURINGEN - Die Kultur- und Kunsteinrichtung „Mühle“in Oberteuringen hat am Sonntag eine Wiedereröffnung gefeiert. Wegen neuer Pandemie-Anforderungen haben die Organisatoren die Konzertveranstaltung im Hof absagen müssen und auf 3G mit Maske für den Einlass bestanden.
Die wegen reduzierter Besucherzahlen teilweise draußen wartenden Grüppchen zeigen sich aber überwiegend geduldig ob der Wartezeiten und Beschränkungen, wie Impfnachweisen und Datenerfassung. „Warten wir halt erst einmal draußen“, sagt eine Dame aus einem Rentnerinnentrio, das im Hof den Klängen aus dem Dachgeschoss lauscht. Drinnen im Saal jazzen die Musiker der ImperialJazzband vor maskiertem und getrennt sitzendem Publikum. Die Helfer servieren und die Stimmung ist dennoch gut.
Einige Damen hält es auch mit Maske und Abstand nicht mehr auf den mit Abstand eingerichteten Sitzen – und sie machen Tanzschritte zum mitreißend gespielten DixieJazz. „Wir hatten zwar einen Vorlauf von zwei Konzerten in Österreich, aber freuen uns sehr, hier zu spielen“, sagt Mitgründer und Bandleader der Traditions-Formation, Tubavirtuose Norbert Wanner. Er erläutert, dass man sich verbunden fühle, schon weil es die Imperial-Jazzband eben ebenfalls schon seit 20 Jahren gebe, wie das Kulturhaus Mühle. Insgesamt habe man in diesem Jahr mehr als zehn Konzerte absagen müssen. Zeitgeist und Pandemie-Stimmung entsprechend, spielt die Band den traditionellen Titel „Dr. Jazz“im New-Orleans-Stil vor der Pause. „Es ist einfach klasse, auch wenn es nur mit Einschränkungen geht“, bemerkt eine ältere Besucherin auf die Frage warum sie hergekommen sei – und beißt in ihre Weißwurst. Mitorganisatorin Irmgard Dollansky engagiert sich sei 20 Jahren bei der Mühle. Sie erläutert: „Leicht chaotisch, wie erwartet“, und verweist auf die besonderen Anforderungen, weil man doch öffentliche Einrichtung der Gemeinde sei. Damit müsse man die vielen Regelungen besonders streng beachten. Dennoch sei alles Besser als die Schließung, denn: „Der Bedarf und die Nachfrage nach unseren Veranstaltungen sind groß“
Eine etwas andere Stimmung herrscht – ebenfalls mit beschränkter Besucherzahl und trotz 3G-Einlass mit Maskenpflicht– bei der Vernissage ein paar Stockwerke tiefer. Ausstellende Künstlerin ist Anna Rudolf mit ihrer Ausstellung „Poesie der Unschärfe“. Die Kunstwerke sind eher groß- und hochformatig, in Mischtechnik inszeniert und mit einer besonderen Darstellung – und originellen Titeln.
Während der Begrüßung kommentiert Künstlerin Barbara KensySchweder vom Organisationsteam vor den ersten 15 Besuchern die Abläufe. Sie bedauert: „Leider ist alles ein wenig anders als geplant.“Die bei einer Vernissage üblichen Getränke oder auch die Laudatio müsse leider ausfallen, da man nur wenige gemeinsam einlassen dürfe, während die nächsten schon draußen warteten. Die Künstlerin zeigt sich gelassen, nimmt freundlich einen Blumenstrauß entgegen und fasst sich sehr kurz bei ihrer Begrüßung.
Beim Pressegespräch geht es um die besonderen Unschärfen beim Balancieren zwischen gegenständlicher und abstrakter Darstellung. In unterschiedlichen Dimensionen, teilweise versteckt oder integriert – und deshalb „unscharf “, ergeben sich mit Farb-, Wisch-, Spritz-, Linien- und Kontourführungen für den Betrachter erstaunliche Betrachtungsvariationen. Rudolf spricht dabei vom „Spagat zwischen Verhüllen und Enthüllen“. Ein Zustand, in dem sie auch „grenzenlose Freiheit“sieht. Diese nimmt sie sich auch bei Titeln wie „Gruppenbild mit Ziege“, als Dyptichon angelegt, auf dem vordergründig weder eine Gruppe zu sehen ist, noch eine Ziege hervorsticht. Bei näherer Betrachtung zieht das hochformatige Gemälde den Betrachter in den Bann.
Das Motto „Von der Erinnerung zum Bild“kommt für die Künstlerin aus Inspiration und Ideen, die sie meist mit Erinnerungen, persönlichen Fotos oder Zeitschriften verbindet. Die Umsetzung geht dann, wie sie schildert: „Bis hin zur freien Interpretation.“