Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Suche nach Gutshof: Ergebnis liegt vor
Am Krankenhaus haben Experten den Baugrund in Ravensburg für das neue Parkhaus untersucht
RAVENSBURG - Am Ravensburger Krankenhaus haben Fachleute des Landesamtes für Denkmalpflege drei Tage lang den Untergrund des bisherigen Parkplatzes untersucht. Historische Aufzeichnungen hatten vermuten lassen, dass sich dort, wo bald ein Parkhaus gebaut werden soll, Überreste eines römischen Gutshofs befinden könnten. Doch das Ergebnis fiel am Freitag schließlich eindeutig aus.
30 Prozent der Fläche, auf der gebaut werden soll, hat die zuständige Referentin für vor- und frühgeschichtliche Archäologie beim Landesamt für Denkmalpflege, Doris Schmid, mit ihrem Team untersucht. Das funktioniert so: Ein Bagger gräbt in einem Streifen die oberen Erdschichten ab, bis man in etwa einem Meter Tiefe auf den Boden stößt, der natürlicherweise im Gebiet vorkommt. Am EK ist das ein gelblicher Lehmboden. Ist diese Bodenschicht sichtbar, braucht es das geübte Auge der Experten. Schmid erklärt: Wenn früher einmal an dieser Stelle ein Gebäude oder eine Mauer gestanden hätte, dann würde man Verfärbungen in dieser Bodenschicht sehen. Denn wenn einmal ein Loch gegraben worden sei, zum Beispiel für ein Fundament, werde es nie wieder mit genau demselben Boden verschüttet.
In gewissen Abschnitten wurden mehrere solcher Streifen untersucht. Der Grund dafür waren historische Aufzeichnungen – etwa von 1907, wie Schmid erklärt. Konrad Miller, katholischer Theologe und Karthographie-Historiker, erwähnte römische Gebäudereste in der Nord-Ost-Ecke der „Schlößlesäcker“, heute Gewann „Breitenen“. Zur näheren Lokalisierung untersuchte der damalige Ravensburger Hauptlehrer Paul Eith die Gegend: Teile eines Gebäudes in Form von Mauern, Estrichböden und darunter erhaltene Teile einer Unterbodenheizung wurden gefunden. 1932 wurden beim Straßenbau unter anderem ein Badegebäude entdeckt.
Laut diesen Aufzeichnungen bestand im Bereich des heutigen Dürerweges, der zwischen Parkplatz und heutiger Wohnbebauung verläuft, und der angrenzenden Hans-MantzStraße eine römische Siedlung, wahrscheinlich ein römischer Gutshof. Diese Anlagen umgab in der Regel eine Hofummauerung, innerhalb befanden sich Wohn-, ein Bade- und Wirtschaftsgebäude.
Die ausbleibenden Fundstellen bei der jetzige Untersuchung lassen Schmid vermuten, dass sich der Gutshof vom heutigen Dürerweg aus eher Richtung Norden erstreckte. Das Ergebnis laute, dass „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“auf dem Baugrund nichts von Interesse für sie und ihre Kollegen zu finden ist, wie Schmid sagt. Scherben und andere Gegenstände finde man auch nur dort, wo jemand gesiedelt habe, oder wo sich einst Gräber befanden.
Ein Fund hätte möglicherweise neue Erkenntnisse zum Leben der Römer in Oberschwaben bringen können. „Nichts zu finden ist auch gut, weil man dann nichts kaputt macht“, sagt Grabungsarbeiterin Steffi Brose. „Alles, was im Boden bleiben kann, ist sicher.“
Dem Leiter des kreiseigenen Betriebs IKP (zuständig für Immobilien, Krankenhäuser und Pflegeschule), Hubert Meßmer, fällt ein Stein vom Herzen, wenn in wenigen Tagen das Landesamt für Denkmalpflege voraussichtlich die Flächenfreigabe erteilt. „Wenn was gefunden worden wäre, hätten wir die laufenden Verfahren stoppen müssen.“Denn der Landkreis sucht schon europaweit nach einem Unternehmer, der den gesamten Parkhausbau übernimmt. Deshalb sei er „gottfroh“über das Ergebnis der Untersuchungen.
So geht es jetzt auf dem umgegrabenen Teil des EK-Parkplatzes weiter: Der Gewinner der Ausschreibung soll den Auftrag für den Parkhausbau zum Jahreswechsel 2021/22 erhalten haben. Dieser Unternehmer muss auch noch einen Teil der Planung erledigen und die Baupläne einreichen. „Wenn das Verfahren so durchläuft wie geplant, können wir Mitte Oktober 2022 mit der Ausführung starten“, so Meßmer. Das Parkhaus muss wegen wenig tragfähiger Böden auf Pfähle gestellt werden, die bis in tragende Bodenschichten vorgetrieben werden. Meßmer geht von einer Bauzeit von 16 Monaten aus. Ab Januar 2024 parken im Optimalfall die ersten Autos im Parkhaus.