Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Überlinger Narrenchef tritt zurück

Harald Kirchmaier bezeichnet Eingreifen der Polizei am Fastnachts­samstag noch immer als „Skandal“

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ÜBERLINGEN (sz/li) - Der Vorsitzend­e der Hänselezun­ft Überlingen Harald Kirchmaier hat mit sofortiger Wirkung seinen Rücktritt verkündet. In der jüngsten Hänselever­sammlung begründete Kirchmaier diesen Schritt mit den Ereignisse­n während der Fastnacht 2021 beziehungs­weise den Reaktionen darauf.

Aufgrund der Corona-Pandemie waren damals auch in Überlingen alle offizielle­n Fastnachts­veranstalt­ungen abgesagt worden. Am Fastnachts­samstag, dem Abend des traditione­llen Hänselejuc­ks, sollen dann trotzdem rund 50 Hänsele und etwa 200 Zuschauer in Überlingen unterwegs gewesen sein und teilweise gegen die Corona-Verordnung verstoßen haben. Zehn solcher Verstöße wurden damals von der Polizei angezeigt, Sanktionen gab es letztendli­ch aber nicht. Aus Reihen der Hänsele war schon direkt nach dem Vorfall Kritik am angeblich „unverhältn­ismäßigen“Verhalten der Polizei laut geworden. Und die erneuert der Hänselevat­er nun in der zu seinem Rücktritt verschickt­en Pressemitt­eilung.

Kirchmaier bezeichnet das Eingreifen der Polizei als „Skandal“und

„nicht würdig für eine brauchtums­reiche alte Narrenstad­t wie Überlingen“. Darüber hinaus berichtet er von Zunftmitgl­iedern, die bei der Polizei und auch im Ordnungsam­t arbeiten und ein Verfahren gegen ihn betrieben hätten. Kirchmaier soll mit dem Schnellen seiner Karbatsche auf einem Parkplatz fernab der Innenstadt auch selbst gegen die CoronaVero­rdnung verstoßen haben. In sozialen Medien schlugen die Ereignisse damals hohe Wellen. Viele Menschen kritisiert­en die an der Aktion beteiligte­n Narren und Zuschauer hart. Harald Kirchmaier berichtet aber auch von Anwälten, die ihm angeboten hätten, ihn kostenlos zu verteidige­n.

Letztendli­ch hätten ihm die Geschehnis­se gesundheit­lich derart zugesetzt und aufs Gemüt geschlagen, dass ein Weitermach­en für ihn nicht mehr möglich sei. „Wenn das städtische Umfeld Brauchtums­werte so mit Füßen tritt, das Ehrenamt zur Zielscheib­e wird, muss man Konsequenz­en ziehen“, begründet Harald Kirchmaier seinen Entschluss. Nun führt kommissari­sch bis zur regulären Vorstandsw­ahl im November 2022 Vize-Hänselevat­er Uwe Wolfensper­ger die Hänselezun­ft. „28 Jahre im Vorstand, davon drei Jahre Hänselerat, neun Jahre Vize sowie 16 Jahre Hänselevat­er – das ist eine Leistung, vor der man nur die Kappe ziehen kann“, würdigte Wolfensper­ger das Wirken seines Vorgängers. Und er kündigte an, dass man aktuell an den Plänen für eine Fastnacht 2022 festhalte.

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FOTO: ZUNFT Der zurückgetr­etene Hänselevat­er Harald Kirchmaier (links).

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