Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Gastronomie und Handel sehen 2G kritisch
Neue Regelung ermöglicht Ende der Maskenpflicht – Kontrollieren ist aufwendig
BODENSEEKREIS - 2G statt 3G: Seit Freitag haben die Gastronomie, der Einzelhandel und andere Einrichtungen die Wahl, ob sie nur noch Kunden oder Gäste hereinlassen, die geimpft oder genesen sind. Im Gegenzug winken Lockerungen wie etwa das Wegfallen der Maskenpflicht. Die Landesregierung beschreibt das als einen weiteren „Schritt zurück zur Normalität“. Doch im Einzelhandel und der Gastronomie stößt die neue Regelung auf wenig Gegenliebe.
Grundsätzlich lässt das sogenannte „2G-Optionsmodell“den Einrichtungen die Wahl, ob sie wie bisher Geimpfte, Genesene und Getestete, also 3G, zulassen oder sich auf vollständig Geimpfte und Genesene beschränken. Wer sich für Letzteres entscheidet, muss das, beispielsweise durch einen Aushang am Eingang, deutlich machen. Bei 2G sind in geschlossenen Räumen weitere Lockerungen erlaubt. Das beinhaltet etwa den Wegfall von Kapazitätsobergrenzen, der Abstandsregel und der Maskenpflicht.
„Das ist eine gut gemeinte Regelung, bei der aber eine Menge Fragen offen bleiben“, sagt Horst Müller, Kreisvorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga und Betreiber des Hotel-Restaurants zur Winzerstube in Hagnau. So gelte etwa die Maskenbefreiung nur in der Basisstufe. Änderten sich die Corona-Zahlen zum Negativen, hätte man wieder gänzlich andere Voraussetzungen.
„Es gibt keine Klarheit, keine Planungssicherheit“, so Müller. Das mache vor allem Restaurants und Hotels zu schaffen, die Veranstaltungen und große Gesellschaften bewirten. „Es ist eine diffuse Lage, weil keiner sagen kann, welche Stufe wir in einem oder zwei Monaten haben“, sagt der Dehoga-Kreisvorsitzende. Das führe zu Verunsicherung bei den Gästen – und das schlage sich wiederum negativ im Umsatz nieder. Es komme häufig vor, dass ganze Gruppen wieder absagen würden, weil eine Person nicht geimpft ist. Die 2GRegel, bei der dann auch das „Freitesten“wegfalle, würde solche Situationen noch zuspitzen.
Horst Müller kritisiert zudem, dass durch die neuen Corona-Regeln der „Schwarze Peter“einmal mehr den Gastronomen zugespielt worden sei: „Wir wollen den Gästen eine gute Zeit bieten – aber beginnen immer erst einmal damit, Impf- oder Testnachweise zu kontrollieren. Ist das echt unser Job?“, fragt sich der Dehoga-Kreisvorsitzende. Die Branche werde als „Druckausüber“instrumentalisiert, um mehr Menschen zu einer Corona-Impfung zu bewegen, dabei sei das eigentlich die Aufgabe der Politik.
Insgesamt sehen die Gastronomen und Hoteliers im Dehoga die Option deshalb kritisch und würden eher die 3G-Regel beibehalten. „Es mag sein, dass der ein oder andere Betrieb fein ist mit 2G. Aber pauschal anwendbar auf die ganze Branche ist das nicht“, sagt Müller.
Für den Einzelhandel wird die neue Option eher keine Rolle spielen, vermutet Thomas Goldschmidt, Geschäftsführer des Stadtmarketings Friedrichshafen. „Bisher kann jeder Kunde reinkommen und der Einzelhändler muss das nicht kontrollieren“, sagt er. Würde aber die 2G-Regel gelten, müsste bei jedem am Eingang der Impf- oder Teststatus abgefragt werden. „Das Personal dafür hat kaum ein Einzelhändler“, sagt Goldschmidt.
Daran würde auch das Ende der Maskenpflicht im Laden nichts ändern: „Klar würden viele Kunden lieber ohne Maske einkaufen. Aber die aktuelle Regelung ist bequem genug und die meisten haben sich ans Tragen der Maske gewöhnt“, sagt der Stadtmarketing-Chef.
Insgesamt laufe es im Einzelhandel wieder etwas besser, gerade der verkaufsoffene Sonntag am vergangenen Wochenende habe viele Häfler Händler wieder Hoffnung schöpfen lassen, so Goldschmidt. „Aber wir sind noch nicht auf Vor-CoronaNiveau. Man merkt in der Bevölkerung schon noch eine gewisse Zurückhaltung.“Die Hoffnungen der Händler ruhten jetzt auf dem Weihnachtsgeschäft, sagt er.
Die Einhaltung der Corona-Regeln wollen das baden-württembergische Gesundheitsministerium und Innenministerium in dieser Woche besonders kontrollieren. An der „Schwerpunkt-Kontrollaktion“in Gaststätten, Restaurants und Cafés am Donnerstag und Freitag sind Städte und Gemeinden im ganzen Land beteiligt – denn diese sind als örtliche Polizeibehörden für die
Kontrollen zuständig. Auch das Ordnungsamt der Stadt Tettnang hat in den vergangenen Monaten immer wieder sporadisch Kontrollen durchgeführt, bestätigt Stadt-Pressesprecherin Judith Maier auf SZNachfrage – das werde man auch künftig tun. Die Kontrollen seien jedoch unabhängig davon, ob sich die Gastronomen für 3G oder 2G entscheiden würden.
In Friedrichshafen sei in der Vergangenheit ebenfalls stichprobenartig kontrolliert worden, wobei die Kontrollen „insbesondere aufgrund von Hinweisen von Bürgerinnen und Bürgern“stattgefunden hätten, so eine Sprecherin der Stadtverwaltung. „Hier wurden die Betreibenden auf die geltenden Corona-Vorgaben hingewiesen und bezüglich der Einhaltung belehrt.“Allerdings hätten die Kontrollen auch ergeben, dass bei einem Großteil der Gaststätten die geltenden Corona-Regelungen eingehalten wurden.