Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Gute Ernte, aber herausfordernde Zeiten
Tettnanger Hopfenpflanzer ziehen Bilanz und blicken auf aktuelle Probleme beim Anbau und im Hopfenmarkt
OBEREISENBACH - Eine gute Ernte, gute Alpha-Werte und stabile Preise, aber trotzdem eine ganze Reihe an Herausforderungen – so lässt sich das Jahr aus Hopfenpflanzersicht zusammenfassen. Bei seiner Hauptversammlung am Montagabend in der Mehrzweckhalle Obereisenbach hat der Tettnanger Hopfenpflanzerverband eine Bilanz der diesjährigen Ernte gezogen und einen Ausblick auf den künftigen Hopfenmarkt gewagt.
Eine Rekordernte ist es am Ende doch nicht geworden, das tatsächliche Ergebnis blieb mit rund 54 300 Zentnern letztlich knapp unter der Schätzung. Rekorde gab’s stattdessen bei den Niederschlagsmengen, die sich allein von Mai bis August auf rund 870 Liter beliefen, wie der Vorsitzende Wolfgang Ruther berichtete. Die viele Feuchtigkeit sei für den Hopfen einerseits ein Segen gewesen, denn die Pflanzen mögen regenreiches Wetter durchaus. Aber stellenweise sei es dann irgendwann doch zu viel, vor allem, weil das feuchte Wetter auch Schädlinge und Krankheiten begünstigen kann. Der sogenannte Peronospora, auch falscher Mehltau genannt, sei ein großes Thema in diesem Jahr gewesen.
Sorgen machen den Hopfenpflanzern vor allem die immer strengeren Vorgaben bezüglich des Einsatzes von Pestiziden und Fungiziden. Da gebe es Forderungen nach „abstrusen Reduzierungen“, die einen Anbau mit weiterhin hoher Qualität in der Zukunft „fast unrealistisch“machen würden, meinte Wolfgang Ruther. Es gebe immer weniger zugelassene Mittel, die zum Einsatz kommen dürften. „Auch mit der neuen Bundesregierung wird es vermutlich nicht leichter, Neuzulassungen zu bekommen“, so Ruther.
Aufatmen konnten die Tettnanger Hopfenbauern jedoch im Hinblick auf den gefürchteten Citrus Bark Cracking Viroid, einen hochansteckenden Erreger, der ganze Hopfengärten absterben lassen kann. Zum zweiten Mal gab es im Sommer in Tettnang ein Monitoring dazu – glücklicherweise habe man den Virus bei keiner der insgesamt 106 Probenentnahmen
feststellen können. Das soll möglichst auch so bleiben, weshalb die Hopfenpflanzer einen Leitfaden mit Vorsichtsmaßnahmen erarbeitet haben, um den Virus aus den hiesigen Hopfengärten fernzuhalten.
Auch Geschäftsführer Jürgen Weishaupt zeigte sich in seinem Bericht zufrieden mit der Ernte, die gute Durchschnittserträge und vor allem gute Inhaltsstoffe gebracht habe. So seien die Werte für die Alphasäure, die für den bitteren Geschmack im Bier verantwortlich ist, in diesem Jahr besonders hoch ausgefallen.
Als eine der großen Herausforderungen derzeit nannte Jürgen Weishaupt den Klimawandel, sei es doch spürbar, dass Wetterextreme zunehmen würden. „Die Sturmgefahr sehe ich als großes Problem, das vielleicht in der Zukunft noch mehr auf uns zukommen könnte“, meinte Weishaupt.
Zu den Herausforderungen gesellt sich auch die Inflationsrate: „Die Preise explodieren für alles Mögliche“, so Weishaupt. Angefangen von Energiepreisen bis zu Gerätschaften und anderen Anschaffungen. Dass mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zeitnah der Mindestlohn von zwölf Euro eingeführt werde, spitze das Ganze noch weiter zu. Wobei der Mindestlohn richtig sei – „aber eben nicht flächendeckend für die Landwirtschaft“, so Weishaupt.
Wie es derzeit um den HopfenWeltmarkt steht, legten Vertreter des Hopfenmarkts in ihren Berichten dar. Auch aufgrund sinkender Bierabsätze seit Beginn der Corona-Pandemie gebe es global eine Überproduktion beim Hopfen, erklärte etwa Peter Hintermeier, Vorsitzender des Deutschen Hopfenwirtschaftsverbands und Mitglied der Geschäftsleitung bei BarthHaas. „Der Bierausstoß geht zwar wieder nach oben, aber das Tempo ist noch nicht so, dass es das Niveau vor Corona erreicht“, sagte er. Es werde daher auch bei der diesjährigen Ernte einen Überschuss geben. Der Einkaufsmarkt sei durch gute Verträge aber noch weitestgehend austariert.
Aufgrund der Verträge sei jedoch zu erwarten, dass Reaktionen auf die Überproduktion in Bezug auf Anbauflächen nur zögerlich eintreten werden. Sprich, dass besonders von den stark alphahaltigen Sorten wieder weniger angebaut werde. Fest stehe jedoch aus seiner Sicht: „Zweifellos muss das Angebot angepasst werden, um der Überproduktion entgegenzuwirken“, sagte Hintermeier.
Eine Premiere gab es am Ende der Versammlung noch mit der Verleihung der ersten „Goldenen Hopfendolde“: Für seine jahrzehntelange Arbeit in der Hopfen-Szene bekam Ottmar Weingarten vom Tettnanger Hopfenpflanzerverband diese Auszeichnung samt Urkunde verliehen. Ottmar Weingarten ist Geschäftsführer des Hopfenpflanzerverbandes Hallertau und des Verbandes Deutscher Hopfenpflanzer sowie gleichzeitig Chefredakteur der deutschen und der internationalen Hopfenrundschau. Nun steht er kurz vor seinem Ruhestand – was die Tettnanger Hopfenpflanzer nutzen wollten, um ihm für die jahrelange gute Zusammenarbeit zu danken.