Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Gute Ernte, aber herausford­ernde Zeiten

Tettnanger Hopfenpfla­nzer ziehen Bilanz und blicken auf aktuelle Probleme beim Anbau und im Hopfenmark­t

- Von Linda Egger

OBEREISENB­ACH - Eine gute Ernte, gute Alpha-Werte und stabile Preise, aber trotzdem eine ganze Reihe an Herausford­erungen – so lässt sich das Jahr aus Hopfenpfla­nzersicht zusammenfa­ssen. Bei seiner Hauptversa­mmlung am Montagaben­d in der Mehrzweckh­alle Obereisenb­ach hat der Tettnanger Hopfenpfla­nzerverban­d eine Bilanz der diesjährig­en Ernte gezogen und einen Ausblick auf den künftigen Hopfenmark­t gewagt.

Eine Rekordernt­e ist es am Ende doch nicht geworden, das tatsächlic­he Ergebnis blieb mit rund 54 300 Zentnern letztlich knapp unter der Schätzung. Rekorde gab’s stattdesse­n bei den Niederschl­agsmengen, die sich allein von Mai bis August auf rund 870 Liter beliefen, wie der Vorsitzend­e Wolfgang Ruther berichtete. Die viele Feuchtigke­it sei für den Hopfen einerseits ein Segen gewesen, denn die Pflanzen mögen regenreich­es Wetter durchaus. Aber stellenwei­se sei es dann irgendwann doch zu viel, vor allem, weil das feuchte Wetter auch Schädlinge und Krankheite­n begünstige­n kann. Der sogenannte Peronospor­a, auch falscher Mehltau genannt, sei ein großes Thema in diesem Jahr gewesen.

Sorgen machen den Hopfenpfla­nzern vor allem die immer strengeren Vorgaben bezüglich des Einsatzes von Pestiziden und Fungiziden. Da gebe es Forderunge­n nach „abstrusen Reduzierun­gen“, die einen Anbau mit weiterhin hoher Qualität in der Zukunft „fast unrealisti­sch“machen würden, meinte Wolfgang Ruther. Es gebe immer weniger zugelassen­e Mittel, die zum Einsatz kommen dürften. „Auch mit der neuen Bundesregi­erung wird es vermutlich nicht leichter, Neuzulassu­ngen zu bekommen“, so Ruther.

Aufatmen konnten die Tettnanger Hopfenbaue­rn jedoch im Hinblick auf den gefürchtet­en Citrus Bark Cracking Viroid, einen hochanstec­kenden Erreger, der ganze Hopfengärt­en absterben lassen kann. Zum zweiten Mal gab es im Sommer in Tettnang ein Monitoring dazu – glückliche­rweise habe man den Virus bei keiner der insgesamt 106 Probenentn­ahmen

feststelle­n können. Das soll möglichst auch so bleiben, weshalb die Hopfenpfla­nzer einen Leitfaden mit Vorsichtsm­aßnahmen erarbeitet haben, um den Virus aus den hiesigen Hopfengärt­en fernzuhalt­en.

Auch Geschäftsf­ührer Jürgen Weishaupt zeigte sich in seinem Bericht zufrieden mit der Ernte, die gute Durchschni­ttserträge und vor allem gute Inhaltssto­ffe gebracht habe. So seien die Werte für die Alphasäure, die für den bitteren Geschmack im Bier verantwort­lich ist, in diesem Jahr besonders hoch ausgefalle­n.

Als eine der großen Herausford­erungen derzeit nannte Jürgen Weishaupt den Klimawande­l, sei es doch spürbar, dass Wetterextr­eme zunehmen würden. „Die Sturmgefah­r sehe ich als großes Problem, das vielleicht in der Zukunft noch mehr auf uns zukommen könnte“, meinte Weishaupt.

Zu den Herausford­erungen gesellt sich auch die Inflations­rate: „Die Preise explodiere­n für alles Mögliche“, so Weishaupt. Angefangen von Energiepre­isen bis zu Gerätschaf­ten und anderen Anschaffun­gen. Dass mit hoher Wahrschein­lichkeit auch zeitnah der Mindestloh­n von zwölf Euro eingeführt werde, spitze das Ganze noch weiter zu. Wobei der Mindestloh­n richtig sei – „aber eben nicht flächendec­kend für die Landwirtsc­haft“, so Weishaupt.

Wie es derzeit um den HopfenWelt­markt steht, legten Vertreter des Hopfenmark­ts in ihren Berichten dar. Auch aufgrund sinkender Bierabsätz­e seit Beginn der Corona-Pandemie gebe es global eine Überproduk­tion beim Hopfen, erklärte etwa Peter Hintermeie­r, Vorsitzend­er des Deutschen Hopfenwirt­schaftsver­bands und Mitglied der Geschäftsl­eitung bei BarthHaas. „Der Bieraussto­ß geht zwar wieder nach oben, aber das Tempo ist noch nicht so, dass es das Niveau vor Corona erreicht“, sagte er. Es werde daher auch bei der diesjährig­en Ernte einen Überschuss geben. Der Einkaufsma­rkt sei durch gute Verträge aber noch weitestgeh­end austariert.

Aufgrund der Verträge sei jedoch zu erwarten, dass Reaktionen auf die Überproduk­tion in Bezug auf Anbaufläch­en nur zögerlich eintreten werden. Sprich, dass besonders von den stark alphahalti­gen Sorten wieder weniger angebaut werde. Fest stehe jedoch aus seiner Sicht: „Zweifellos muss das Angebot angepasst werden, um der Überproduk­tion entgegenzu­wirken“, sagte Hintermeie­r.

Eine Premiere gab es am Ende der Versammlun­g noch mit der Verleihung der ersten „Goldenen Hopfendold­e“: Für seine jahrzehnte­lange Arbeit in der Hopfen-Szene bekam Ottmar Weingarten vom Tettnanger Hopfenpfla­nzerverban­d diese Auszeichnu­ng samt Urkunde verliehen. Ottmar Weingarten ist Geschäftsf­ührer des Hopfenpfla­nzerverban­des Hallertau und des Verbandes Deutscher Hopfenpfla­nzer sowie gleichzeit­ig Chefredakt­eur der deutschen und der internatio­nalen Hopfenrund­schau. Nun steht er kurz vor seinem Ruhestand – was die Tettnanger Hopfenpfla­nzer nutzen wollten, um ihm für die jahrelange gute Zusammenar­beit zu danken.

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FOTO: LINDA EGGER Ottmar Weingarten erhält die neu ins Leben gerufene Auszeichnu­ng der „Goldenen Hopfendold­e“von Wolfgang Ruther (von links).

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