Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Waldburg tanzt aus der Reihe
Keine Gemeinde im Landkreis hat so wenig Corona-Fälle – Warum ist das so?
WALDBURG - Keine Gemeinde im Landkreis Ravensburg hat im Verhältnis zur Einwohnerzahl so wenig Corona-Fälle wie Waldburg. Auch Gemeinden mit einer ähnlichen Bevölkerung haben doppelt so viele Corona-Fälle wie Waldburg. Warum ist das so? Gibt es eine Erklärung dafür? Die gute Luft allein kann es nicht sein, denn die ist auch in Wolfegg oder Bodnegg gut, wo es aber deutlich mehr Fälle gibt.
Viel kann offenbar dem Zufall zugeschrieben werden, aber dennoch könnte es Erklärungsansätze geben. Eine seriöse Antwort auf diese Fragen lässt sich wohl nicht geben, denn wissenschaftlich beweisen lassen sich die Vermutungen nicht. Auch das Gesundheitsamt Ravensburg kann die Frage nicht beantworten.
Die Strukturen sind zu klein, um eine fundierte Antwort zu geben.
Die Gemeinde Waldburg mit ihren 3207 Einwohnern hat Stand Dienstag, 15 Uhr, seit Beginn der Pandemie 71 Corona-Fälle registriert. Somit ist Waldburg die einzige Gemeinde mit einer zweistelligen Zahl, die das Landratsamt Ravensburg in ihrer Statistik auflistet. Alle anderen Gemeinden liegen im dreistelligen Bereich. Auch ähnlich große Kommunen haben teilweise deutlich mehr Corona-Fälle. Bis vor einer Wochen waren es etwa in Grünkraut oder Bodnegg noch doppelt so viel Infizierte.
Aktuell gibt es in Waldburg acht Corona-Fälle – so viele wie schon lange nicht mehr. Lange Zeit gab es sogar keinen einzigen akut Infizierten. Auch die Gemeinde Grünkraut mir ihren 3143 Einwohnern war eine
Zeit lang coronafrei. Seit Beginn der Pandemie haben sich dort 117 Personen mit dem Coronavirus infiziert – in Bergatreute sind es 115.
Waldburgs Bürgermeister Michael Röger gibt sich zurückhaltend beim Versuch einer Erklärung. „Wahrscheinlich haben wir einfach Glück gehabt. Natürlich waren wir bei der Kontaktnachverfolgung sehr akribisch, aber das waren die anderen Gemeindeverwaltungen auch“, sagt er. Man habe von Anfang an auf Aufklärung beim Thema Corona gesetzt und die Bürger und Vereine über sämtliche Kanäle informiert. Aber auch das haben die anderen Gemeinden ebenfalls getan.
Tatsächlich hat es im sehr ländlichen Waldburg aber nie einen großen Infektionsherd gegeben, auch wenn die Gemeinde Schulstandort ist. Es gab keine Corona-Partys wie etwa in Wolpertswende im Januar oder in Schlier im Dezember. Zu Beginn der Pandemie 2020 sorgte ein Bus mit Wintersportlern aus Ischgl für viele Fälle in der Gemeinde Wolfegg. Ischgl gilt als der Corona-Hotspot, von wo aus das Virus in Europa weiter verbreitet wurde. In Wolfegg wurden im Sommer Corona-Partys am See gefeiert. All das gab es in Waldburg nicht.
„Sicherlich wird es auch in Waldburg Treffen gegeben haben, bei denen mehr Menschen die Köpfe zusammengesteckt haben als erlaubt war, aber wir hatten nie Exzesse“, sagt Röger.
Größere Corona-Cluster kennt man in der Gemeinde nicht. Nur zu Beginn der Pandemie musste die Gemeindeverwaltung auf einen Schlag 150 Personen nachverfolgen. Das war eine Ausnahme.
Die verordnete Quarantäne sei von den jeweils betroffenen Personen diszipliniert eingehalten worden. „Eine Quarantäne fällt in einer ländlichen Gemeinde leichter, wenn man einen schönen Garten hat und sich dort noch an der frischen Luft hat aufhalten konnte“, so der Bürgermeister.
Das alles ist nicht selbstverständlich. Das zeigt ein Blick in die Nachbargemeinde Vogt. Dort hat es in dieser Woche ein größeres CoronaCluster gegeben. Aktuell sind in der Gemeinde 36 Menschen infiziert – mehr als in der Stadt Isny und fast so viele wie in Leutkirch. Wo dieses Cluster aufgetreten ist, könne die Gemeindeverwaltung auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“aus Datenschutzgründen nicht sagen – auch nicht, ob im privaten oder beruflichen Umfeld.