Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Waldburg tanzt aus der Reihe

Keine Gemeinde im Landkreis hat so wenig Corona-Fälle – Warum ist das so?

- Von Philipp Richter

WALDBURG - Keine Gemeinde im Landkreis Ravensburg hat im Verhältnis zur Einwohnerz­ahl so wenig Corona-Fälle wie Waldburg. Auch Gemeinden mit einer ähnlichen Bevölkerun­g haben doppelt so viele Corona-Fälle wie Waldburg. Warum ist das so? Gibt es eine Erklärung dafür? Die gute Luft allein kann es nicht sein, denn die ist auch in Wolfegg oder Bodnegg gut, wo es aber deutlich mehr Fälle gibt.

Viel kann offenbar dem Zufall zugeschrie­ben werden, aber dennoch könnte es Erklärungs­ansätze geben. Eine seriöse Antwort auf diese Fragen lässt sich wohl nicht geben, denn wissenscha­ftlich beweisen lassen sich die Vermutunge­n nicht. Auch das Gesundheit­samt Ravensburg kann die Frage nicht beantworte­n.

Die Strukturen sind zu klein, um eine fundierte Antwort zu geben.

Die Gemeinde Waldburg mit ihren 3207 Einwohnern hat Stand Dienstag, 15 Uhr, seit Beginn der Pandemie 71 Corona-Fälle registrier­t. Somit ist Waldburg die einzige Gemeinde mit einer zweistelli­gen Zahl, die das Landratsam­t Ravensburg in ihrer Statistik auflistet. Alle anderen Gemeinden liegen im dreistelli­gen Bereich. Auch ähnlich große Kommunen haben teilweise deutlich mehr Corona-Fälle. Bis vor einer Wochen waren es etwa in Grünkraut oder Bodnegg noch doppelt so viel Infizierte.

Aktuell gibt es in Waldburg acht Corona-Fälle – so viele wie schon lange nicht mehr. Lange Zeit gab es sogar keinen einzigen akut Infizierte­n. Auch die Gemeinde Grünkraut mir ihren 3143 Einwohnern war eine

Zeit lang coronafrei. Seit Beginn der Pandemie haben sich dort 117 Personen mit dem Coronaviru­s infiziert – in Bergatreut­e sind es 115.

Waldburgs Bürgermeis­ter Michael Röger gibt sich zurückhalt­end beim Versuch einer Erklärung. „Wahrschein­lich haben wir einfach Glück gehabt. Natürlich waren wir bei der Kontaktnac­hverfolgun­g sehr akribisch, aber das waren die anderen Gemeindeve­rwaltungen auch“, sagt er. Man habe von Anfang an auf Aufklärung beim Thema Corona gesetzt und die Bürger und Vereine über sämtliche Kanäle informiert. Aber auch das haben die anderen Gemeinden ebenfalls getan.

Tatsächlic­h hat es im sehr ländlichen Waldburg aber nie einen großen Infektions­herd gegeben, auch wenn die Gemeinde Schulstand­ort ist. Es gab keine Corona-Partys wie etwa in Wolpertswe­nde im Januar oder in Schlier im Dezember. Zu Beginn der Pandemie 2020 sorgte ein Bus mit Winterspor­tlern aus Ischgl für viele Fälle in der Gemeinde Wolfegg. Ischgl gilt als der Corona-Hotspot, von wo aus das Virus in Europa weiter verbreitet wurde. In Wolfegg wurden im Sommer Corona-Partys am See gefeiert. All das gab es in Waldburg nicht.

„Sicherlich wird es auch in Waldburg Treffen gegeben haben, bei denen mehr Menschen die Köpfe zusammenge­steckt haben als erlaubt war, aber wir hatten nie Exzesse“, sagt Röger.

Größere Corona-Cluster kennt man in der Gemeinde nicht. Nur zu Beginn der Pandemie musste die Gemeindeve­rwaltung auf einen Schlag 150 Personen nachverfol­gen. Das war eine Ausnahme.

Die verordnete Quarantäne sei von den jeweils betroffene­n Personen disziplini­ert eingehalte­n worden. „Eine Quarantäne fällt in einer ländlichen Gemeinde leichter, wenn man einen schönen Garten hat und sich dort noch an der frischen Luft hat aufhalten konnte“, so der Bürgermeis­ter.

Das alles ist nicht selbstvers­tändlich. Das zeigt ein Blick in die Nachbargem­einde Vogt. Dort hat es in dieser Woche ein größeres CoronaClus­ter gegeben. Aktuell sind in der Gemeinde 36 Menschen infiziert – mehr als in der Stadt Isny und fast so viele wie in Leutkirch. Wo dieses Cluster aufgetrete­n ist, könne die Gemeindeve­rwaltung auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“aus Datenschut­zgründen nicht sagen – auch nicht, ob im privaten oder berufliche­n Umfeld.

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FOTO: TOM WELLER/DPA In der Gemeinde Waldburg gibt es so wenig Corona-Fälle wie in keiner anderen Gemeinde im Landkreis Ravensburg.

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