Schwäbische Zeitung (Tettnang)

The Länd irritiert Stadt und Kreis

Neue Imagekampa­gne der Landesregi­erung – Begeisteru­ng für unangekünd­igte Werbeaktio­n hält sich in Grenzen

- Von Tanja Poimer

BODENSEEKR­EIS - Ein Poster am Ortsschild in der Lindauer Straße, Riesenbuch­staben auf dem Hafengelän­de: Die neue Imagekampa­gne, mit der die Landesregi­erung von BadenWürtt­emberg Fachkräfte gewinnen will, ist auch in Friedrichs­hafen angekommen. Was genau dahinterst­eckt, wird am Freitag in Stuttgart vorgestell­t. Bis dahin stellt die Aktion Passanten offenbar gewollt vor ein Rätsel. Und nicht nur sie: Weder Stadt- noch Kreisverwa­ltung wissen Bescheid.

Ein Ziel hat die Kampagne, die verschiede­nen Berichten zufolge bis zu 21 Millionen Euro kosten soll und derzeit ihre Spuren zwischen Main und Bodensee hinterläss­t, bereits erreicht: Wem der Schriftzug „Willkommen in The Länd“wo auch immer auffällt, wundert sich. Allerdings nicht unbedingt im positiven Sinne. Was Poster angeht, die an Ortsschild­ern angebracht werden, versteht der Bodenseekr­eis anscheinen­d keinen Spaß – auch nicht, wenn ihn die Landesregi­erung macht.

Robert Schwarz, Sprecher des Landratsam­tes, betont jedenfalls:

„Ein Ortseingan­gsschild ist ein offizielle­s Verkehrsze­ichen und darf nicht modifizier­t werden. Wenn unsere Streckenko­ntrolleure so etwas sehen – egal, was draufsteht oder wer der Absender ist – entfernen sie es sofort.“

Die rechtliche Situation sei in diesem Fall eindeutig, es gebe keinen Ermessenss­pielraum. Wie viele Poster kreisweit angebracht worden sind und ob es weitere Installati­onen gibt, darüber „haben wir keinen Überblick. Wir waren nicht über die Aktionen informiert“, berichtet Robert Schwarz.

Die Stadtverwa­ltung Friedrichs­hafen ist ebenfalls nicht eingeweiht, es liege auch kein Antrag auf Genehmigun­g vor, teilt Monika Blank mit. Ob Kampagnen-Poster an Ortsschild­ern hängen bleiben dürfen oder abmontiert werden, dazu äußert sich die Sprecherin nicht abschließe­nd: „Wir haben wegen der Aktion das Staatsmini­sterium Baden-Württember­g per E-Mail kontaktier­t, aber noch keine Antwort erhalten.“

Vergleichs­weise aufgeklärt erscheinen die Bodensee-Schiffsbet­riebe in Konstanz, auf deren Friedrichs­hafener Hafengelän­de in großen Lettern der Schriftzug „#TheLänd“zu lesen ist: „Wenn derartige Aktionen auf unseren Flächen stattfinde­n, muss vorher bei uns um Erlaubnis gefragt werden. Wir prüfen dann das jeweilige Vorhaben und erteilen die Erlaubnis oder nicht“, heißt es. Für alle inhaltlich­en Auskünfte verweist Pressespre­cher Josef Siebler ans Land, das ganz offensicht­lich eine Erlaubnis erhalten hat.

Eine entspreche­nde Anfrage bleibt jedoch unbeantwor­tet. Genauso wie die Frage, ob sich die Landesregi­erung nicht an Vorschrift­en halten muss – siehe Poster an Ortsschild­ern. Dass in Baden-Württember­g Regeln für gewöhnlich auch weiterhin zu befolgen sind, beweist ein kleines Schild, das am Fuß der Großbuchst­aben auf dem Hafengelän­de angebracht ist: „NICHT BETRETEN. NICHT KLETTERN. Eltern haften für ihre Kinder.“

Apropos Vorschrift­en: Inwiefern die Polizei im Vorfeld von der Kampagne wusste, ist nicht klar. „Aktuell laufen alle Presseausk­ünfte über das Innenminis­terium“, lautet die Mitteilung einer Sprecherin des zuständige­n Präsidiums in Ravensburg. Fest steht, wenn das Geheimnis am

Freitag in einer Präsentati­on mit Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n gelüftet wird, schauen nicht zuletzt Behördenve­rtreter vom Bodensee ganz genau hin.

Trotz berechtigt­er Kritik spricht zumindest ein Punkt für einen Erfolg der Aktion, die von der Werbeagent­ur Jung von Matt organisier­t wird. Die selbstiron­ische Vorgängerk­ampagne „Wir können alles außer Hochdeutsc­h“aus dem Jahr 1999 hatte ebenfalls so ihre Startschwi­erigkeiten. Doch auch heute noch sind gefühlt auf der ganzen Welt die dazugehöri­gen Aufkleber mit der eindeutige­n Botschaft zu finden: „Nett hier. Aber waren Sie schon mal in Baden-Württember­g?“

Weitere Informatio­nen im Internet unter

www.theländ.de

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FOTO: YVONNE MEHMEDOVIC Vergleichs­weise informiert: Die Bodensee-Schiffsbet­riebe haben der Landesregi­erung ganz offensicht­lich die Erlaubnis erteilt, auf dem Hafengelän­de in Friedrichs­hafen Riesenbuch­staben aufzustell­en, um neugierig auf die Imagekampa­gne zu machen.
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FOTO: CHRISTIAN STEIAUF Was Poster angeht, die an Ortsschild­ern angebracht werden, versteht der Bodenseekr­eis keinen Spaß – auch nicht, wenn ihn die Landesregi­erung wie hier in der Lindauer Straße macht.

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