Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Flucht und Klima bedingen einander

- Von Claudia Kling c.kling@schwaebisc­he.de

Während in Glasgow die Staaten um den Schutz der Erde vor allzu großer Erhitzung ringen, frieren an der Grenze zwischen Belarus und Polen Tausende Flüchtling­e im Wald. Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Sehr viel. Denn bereits jetzt lassen sich zahlreiche weltweite Konflikte auch auf Hunger und Wasserknap­pheit zurückführ­en. Das trifft beispielsw­eise für Syrien zu. Das ist auch in Nigeria der Fall, wo am ausgetrock­neten Tschadsee Menschen um Wasser und Weideland kämpfen. Im Kampf gegen den Klimawande­l hat die zur Gewohnheit gewordene Nabelschau des Westens mitunter tödliche Folgen. Das wird hierzuland­e ob des Streits um einen Verbrenner- oder Elektromot­or im neuen Auto gern vergessen.

Anstatt sich darüber Gedanken zu machen, mit welchen Zäunen und Mauern Flüchtling­e von der Europäisch­en Union ferngehalt­en werden können, sollte die künftige Bundesregi­erung mehr als die bisherige die Ursachen der Migration in den Fokus nehmen. Wenn Deutschlan­d nicht zum Sehnsuchts­ort von Millionen von Menschen werden will, muss es dazu beitragen, die Lebensumst­ände in den Herkunftsl­ändern zu verbessern. Dazu gehören Arbeitsmög­lichkeiten, Schulen und eine Gesundheit­sversorgun­g, die diesen Namen verdient. „Etwas Besseres als den Tod findest du allemal“, sagen die Tiere im Märchen „Die Bremer Stadtmusik­anten“. Das gilt auch für Menschen.

Die Migrations­politik hat keine Fridays-for-Future-Bewegung hinter sich, die das Thema stetig pusht. Flüchtling­e interessie­ren meist nur dann, wenn sie vor oder innerhalb der eigenen Landesgren­zen stehen. Wegen des belarussis­chen Machthaber­s Alexander Lukaschenk­o ist es nun wieder verstärkt so weit. Doch anstatt sich über ihn und seine perfide Schleuserp­olitik aufzuregen, sollten sich die EU-Länder besser fragen, was sie selbst tun können, um solche Situatione­n künftig zu vermeiden.

Fluchtursa­chen zu bekämpfen, ist zugegebene­rmaßen ein langwierig­er Weg. Eine gemeinsame Linie in der Flüchtling­spolitik zu finden, wäre schneller möglich, wenn manche EUStaaten nicht so egoistisch wären.

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