Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Schüler, Eltern und Lehrer für Masken
Verbände fordern Rückkehr zu Mund-Nasen-Schutz im Unterricht – Ministerin will abwarten
STUTTGART - Wenn in Baden-Württemberg am Montag die Herbstferien enden, sollen Schüler im Klassenraum auch am Platz wieder Masken tragen. Das fordern Landesschülerbeirat, Landeselternbeirat, Realschullehrerverband sowie Philologenverband, der die Gymnasiallehrer vertritt, am Donnerstag in einer gemeinsamen Erklärung. Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) will hingegen noch abwarten.
„Der Versuch, auf Masken im Unterricht zu verzichten, hat zunehmend mehr Corona-Ausbrüche an unseren Schulen verursacht“, erklärt das Bündnis in der Mitteilung. Es kam zu Quarantänemaßnahmen, die zu „massiven Unterrichtsausfällen“führten, wenn Lehrer betroffen seien. „Der Versuch, aus pädagogischpsychologischen Erwägungen heraus die Maskenpflicht im Unterricht abzuschaffen, ist durch das Wiederaufflammen des Pandemiegeschehens vorerst gescheitert“, heißt es in dem Papier.
Die Unterzeichner pochen darauf, dass die Schulen im Land offen und zugleich sichere Orte bleiben. „Deswegen fordern die Unterzeichner eine sofortige Wiedereinführung der Maskenpflicht im Unterricht ab nächstem Montag, d.h. dem ersten Schultag nach den Herbstferien“, wie sie schreiben. „Zu verstärkten Schutzmaßnahmen gibt es auch deshalb keine Alternative, weil die unter Zwölfjährigen alle ungeimpft sind und die Zwölf- bis 17-Jährigen erst zu 37 Prozent vollständig geimpft“, heißt es in dem Papier weiter.
„Die Sicherheit unserer Kinder hat für die Landesregierung scheinbar keinen besonderen Stellenwert: Unterricht ohne Abstand, ohne Masken und ohne Plexiglas-Trennscheiben in vollen Klassen ist angesichts der hohen Infektionsraten bei den Kindern und Jugendlichen zumindest einmal grob fahrlässig“, kritisiert Michael Mittelstaedt, der Vorsitzende des Landeselternbeirats. „Der Druck der Maskengegner scheint aber viel wichtiger zu sein als die Gesundheit unserer Kinder.“
Kevin Erath, Vorsitzender des Landesschülerbeirats, spricht von einem „Déjà-vu“, man laufe sehenden Auges in dieselbe Situation wie im vergangenen Dezember. „Die Inzidenzen steigen ins Unermessliche, doch die Landesregierung weigert sich, rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen.“
Die Bildungsgewerkschaft GEW und der Grundschulverband haben das Papier nicht unterzeichnet, unterstützen die Forderung nach einer Rückkehr zur Maske aber ebenfalls. „Angesichts der Situation müssen wir in den sauren Apfel beißen“, sagt der Landesvorsitzende des Grundschulverbands Edgar Bohn, der sich in der Vergangenheit kritisch zum Tragen von Masken im Grundschulunterricht geäußert hatte. Man sei nun in einer Zwickmühle, so Bohn. Denn gerade der Schriftspracherwerb der Erst- und Zweitklässler sei beeinträchtigt, wenn diese den Lehrern und Mitschülern nicht auf den Mund schauen können. Auch für das Erlernen von Empathie sei es nötig, die Mimik des Gegenübers zu erkennen. „Aus pädagogischen Gründen sind wir gegen die Maskenpflicht“, sagt Bohn. „Aus Gründen des Gesundheitsschutzes stimmen wir aber schweren Herzens zu.“Die GEWLandesvorsitzende Monika Stein betont, der Verzicht auf Masken stelle ein unnötiges Risiko dar.
Kultusministerin Theresa Schopper will aber zunächst einmal die Entwicklung an den Schulen in der ersten Woche nach den Herbstferien beobachten. „Es gibt ja bereits ein tägliches Monitoring und dafür stellen wir drei Antigen- oder zwei PCRTests zur Verfügung“, sagt die Grünen-Politikerin. „Dass wir dann auch kurzfristig die Maskenpflicht am Platz wieder einführen, behalten wir uns ausdrücklich vor.“
Wegen immer mehr Corona-Patienten auf Intensivstationen gilt in Baden-Württemberg seit Mittwoch die sogenannte Warnstufe. Vor allem für Menschen, die weder genesen noch geimpft sind, bringt dieser Wechsel von der Basisstufe viele Einschränkungen im öffentlichen Leben mit sich. An den Schulen ändert sich dagegen nichts Gravierendes. Eine Maskenpflicht während des Unterrichts ist erst wieder vorgesehen, wenn das Land von der
Warn- in die Alarmstufe wechselt. Darauf verweist auch die Kultusministerin.
Experten gehen anhand des derzeitigen Infektionsgeschehens davon aus, dass die Alarmstufe in weniger als zwei Wochen erreicht sein könnte, wenn weiter wie bisher immer mehr Corona-Patienten ein Intensivbett brauchen.
Die Opposition kritisiert Schoppers Verhalten als zu zögerlich. „Alle wachen auf, nur die grün-schwarze Landesregierung noch nicht“, moniert SPD-Landtagsfraktionschef Andreas Stoch. „Ohne notwendigen Schutz riskiert die Landesregierung den nächsten großen Schul-Lockdown.“
Auch in Bayern sind noch Herbstferien. Wenn der Unterricht am Montag wieder startet, müssen Schüler zunächst im Klassenraum wieder Masken tragen. Das hat die Staatsregierung am Mittwoch beschlossen. Die Pflicht gilt zunächst für eine Woche an Grundschulen und für zwei Wochen an weiterführenden Schulen.