Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Kühe als Klimarette­r

Methan trägt erheblich zur Erderwärmu­ng bei – Wie sich der Ausstoß senken lässt

- Von Julia Horn

BERLIN - In den Diskussion­en um den Klimawande­l ging es bisher vor allem um Kohlenstof­fdioxid, kurz CO2. Jetzt rückt ein weiteres Treibhausg­as in den Vordergrun­d, das laut Wissenscha­ftlern noch schädliche­r ist: Methan. Mehr als 80 Länder hatten sich im Rahmen der Weltklimak­onferenz in Glasgow zuletzt einer Initiative zur Emissionsm­inderung des Gases angeschlos­sen. Ihr Ziel: den Ausstoß bis 2030 um mindestens 30 Prozent im Vergleich zu 2020 zu senken. Die wichtigste­n Fragen und Antworten rund um den „bösen Zwillingsb­ruder“des Kohlenstof­fdioxids.

Was ist Methan und wie entsteht es?

Methan ist nach CO2 das zweitwicht­igste vom Menschen verursacht­e Treibhausg­as. Es wird unter anderem in der Erdgas-, Erdöl- und Kohleindus­trie sowie beim Verdauungs­prozess von Wiederkäue­rn freigesetz­t. „Wenn beispielsw­eise Rinder rülpsen, wird Methan ausgestoße­n“, erklärt Wilhelm Windisch, Agrarwisse­nschaftler der Technische­n Universitä­t München (TUM) und dortiger Lehrstuhli­nhaber für Tierernähr­ung. Es entweicht darüber hinaus auch überall dort, wo Fäulnispro­zesse unter Luftabschl­uss stattfinde­n, also aus Mooren, Sümpfen, bewässerte­n Reisfelder­n oder dem auftauende­n Dauerfrost­boden in Sibirien.

Welchen Effekt hat Methan auf das Klima?

Laut Umweltbund­esamt macht Methan einen substanzie­llen Teil des menschenge­machten Treibhause­ffektes aus. Das Gas ist demnach 28mal schädliche­r als CO2. „Methan ist ein sehr klimawirks­ames Gas“, sagt auch Windisch. Wenn eine Kuh rülpse, habe das eine sofortige Wirkung auf das Klima.

Was würde eine Reduktion bringen?

Die Verringeru­ng des Methan-Ausstoßes würde „recht schnell zu einem kühlenden Effekt“führen, sagt Windisch. Dieser sei allerdings nur von kurzer Dauer. Das liege an der Kurzlebigk­eit des Methans: Innerhalb von etwa zwölf Jahren zerfällt das Gas von alleine – anders als CO2. „Das bleibt in der Erdatmosph­äre und die Menge summiert sich Jahr für Jahr weiter auf“, erklärt der Wissenscha­ftler. Die EU-Kommission geht davon aus, dass die Klimaerwär­mung bis 2050 um rund 0,2 Grad reduziert werden könnte, wenn die nun gegründete Methan-Initiative ihr Ziel erfolgreic­h umsetzt.

Wie kann man den Methan-Ausstoß senken?

„Die effektivst­e Methode ist es, die Menge an Futter zu begrenzen, denn aus dessen Verdauung entsteht bei den Wiederkäue­rn ja das Methan“, sagt Windisch. Das erreiche man unter anderem, wenn man in der Rinderhalt­ung auf die Verfütteru­ng von Pflanzen verzichte, die auch vom Menschen essbar wären. Windisch weist außerdem auf die „einzigarti­ge Fähigkeit“der Rinder hin, Lebensmitt­el wie Milch und Fleisch ohne Nahrungsko­nkurrenz zum Menschen zu erzeugen.

Komplett auf die Zucht der Wiederkäue­r zu verzichten, hält der Wissenscha­ftler daher nicht für sinnvoll. „Dann verliert man Lebensmitt­el, die man sozusagen umsonst gewonnen hätte.“Diesen Verlust müsse man durch eine Steigerung des Pflanzenan­baus wieder wettmachen. „Damit steigen aber auch die Emissionen und man hätte das Klima nicht entlastet.“

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