Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Rente mit 70 vorerst kein Thema
Versicherer hält Beratung über solche Pläne erst nach 2026 für sinnvoll
BERLIN - Eine Anhebung des Rentenalters ist für den Vorsitzenden der Deutschen Rentenversicherung Bund, Alexander Gunkel (Foto: Imago Images), vorerst kein Thema. Dies müsse erst 2026 geprüft werden, sagte er am Donnerstag. Denn die stufenweise Anhebung auf 67 Jahre, die seit 2007 läuft, ist erst 2031 beendet. Die Rentenkommission habe mit gutem Grund empfohlen, erst 2026 über die Zeit danach zu beraten und die Altersgrenze wenn nötig weiter anzuheben. Eine grundsätzliche Reform hält Gunkel in den kommenden vier Jahren nicht für nötig. Das Mindestrentenniveau von 48 Prozent, das die mögliche Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP versprochen hat, sei problemlos zu halten.
Dringlich ist für ihn dagegen eine Verpflichtung aller Selbständigen zur Alterssicherung. Dies hatte sich schon die Große Koalition aus Union und SPD für die abgelaufene Legislaturperiode
vorgenommen, aber nicht realisiert. Grund für die Einbeziehung ist das vergleichsweise hohe Armutsrisiko in dieser Gruppe. Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung ist ihr Risiko, im Alter auf Grundsicherung angewiesen zu sein, doppelt so hoch. „Eine verpflichtende Altersvorsorge von Selbständigen, wie es sie in praktisch allen anderen europäischen Ländern gibt, sollte deshalb auch in Deutschland endlich verwirklicht werden“, fordert Gunkel.
Skeptisch ist der Rentenexperte angesichts des Plans der FDP, die Rentenversicherung teilweise auf Kapitaldeckung umzustellen. Denn schon 2027 könne es schwierig werden, den Beitragssatz von derzeit 18,6 Prozent unter 20 Prozent zu halten. So schnell könne nicht genug Kapital angesammelt werden, um das Niveau zu stabilisieren. Zudem hält er es nicht für sinnvoll, damit die Rentenversicherung zu beauftragen: Die Gefahr sei groß, dass es der Staat für andere Zwecke verwendet.
Insgesamt ist Gunkel mit den Vorstellungen der Ampel zur Rente zufrieden: „Nicht das Beklagen von Defiziten und Problemen steht im Vordergrund, sondern der deutliche Wille zur Gestaltung und Weiterentwicklung“.