Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Ausschuss untersucht Strobls Brief-Affäre
Südwest-Innenminister unter Druck – Opposition will auch Polizei-Skandal beleuchten
STUTTGART - In der sogenannten Strobl-Affäre haben SPD und FDP im Stuttgarter Landtag am Dienstag einen Untersuchungsausschuss auf den Weg gebracht. Formal einsetzen soll der Landtag den Ausschuss heute. Drei Themenkomplexe sollen unter dem Stichwort „Machtmissbrauch“untersucht werden. Zum einen geht es um den Vorwurf der sexuellen Belästigung gegen den Inspekteur der Polizei. Dieser ist vom Dienst suspendiert, die Staatsanwaltschaft ermittelt seit November.
Der Ausschuss soll zudem klären, wie der Mann ranghöchster Polizist im Land werden konnte und ob die Beförderungspraxis in der Landespolizei Recht und Regeln folgt. Laut FDP-Fraktionschef HansUlrich Rülke gibt es Anhaltspunkte, wonach der Polizeiinspekteur in seiner Position „in problematischer Weise Einfluss auf weitere Stellenbesetzungen“nahm. Und auch Innenminister Thomas Strobl (CDU) steht im Fokus des Ausschusses.
Der Jurist steht seit Wochen in der Kritik, weil er einen Anwaltsbrief des Polizeiinspekteurs an einen Journalisten
weitergegeben hat. Da der 62-Jährige damit möglicherweise ein amtliches Dokument aus einem Verfahren weitergegeben hat, ermittelt die Staatsanwaltschaft auch gegen ihn. Zudem hat der Landesdatenschutzbeauftragte Stefan Brink erklärt, der Ex-CDU-Bundesvize habe gegen Datenschutzrecht verstoßen.
Der renommierte Medienrechtsanwalt Christian Schertz kommt zu einer konträren Bewertung. Strobl hatte ihn mit einem Gutachten beauftragt. Schertz sprach am Dienstag von einer „absurden Skandalisierung des Verhaltens von Strobl“und betonte: „Es geschieht hier Herrn Strobl Unrecht.“SPD-Fraktionschef Andreas Stoch sprach von einem „Gefälligkeitsgutachten“eines Anwalts, der weder Straf- noch Verwaltungsrechtler sei. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bezeichnete die Vorgänge als „politische Belastung“, weiter kommentieren wollte er sie aber nicht. „Der Ministerpräsident sieht nichts, hört nichts, sagt nichts“, kritisierte Sascha Binder, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD. „Deshalb ist es höchste Zeit, dass das Parlament aufklärt.“