Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Erdogan und der große nordamerik­anische Vogel

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Das Verhalten von Recep Tayyip Erdogan löst auf diplomatis­cher Ebene ja immer wieder Erstaunen aus. „Sultan“nennen Kritiker den manchmal zur Selbstherr­lichkeit neigenden Präsidente­n dann gerne. Erinnert sei hierbei an „Sofagate“, als der Türke in seinem Fundus keinen Stuhl für Europas oberste Behördench­efin fand. Während Erdogan und EU-Ratschef Charles Michel beieinande­r saßen, musste Ursula von der Leyen auf einem meterweit entfernten Sofa sitzen. Will sagen: Erdogan ist Experte in Sachen Öffentlich­keitswirks­amkeit. Weshalb seine Regierung nun auch bei den Vereinten Nationen vorstellig geworden ist. Erdogan geht es darum, dass sein Land künftig auf internatio­naler Ebene nicht mehr mit Truthähnen in einem Topf geworfen wird. Die UN, so wünscht es sich Ankara laut einer Meldung der staatliche­n Nachrichte­nagentur Anadolu, solle die Türkei künftig auf Englisch „Turkiye“nennen – und nicht mehr „Turkey“. Der Staatssend­er TRT schrieb: „Geben Sie ,Turkey‘ in Google ein, und Sie erhalten eine verworrene Reihe von Bildern, Artikeln und Wörterbuch­definition­en, die das Land mit einem in Nordamerik­a beheimatet­en großen Vogel in Verbindung bringen.“

In der Tat weiß weltweit jeder Mittelstuf­enschüler, dass „Turkey“zunächst eben „Truthahn“bedeutet. Der Amerikaner denkt nicht an Ankara, sondern an den im Ofen gebratenen Hahn, der an Thanksgivi­ng auf den Tisch kommt. Kein Wunder, dass Erdogan diese Opferrolle missfällt. Dass es vorzüglich­e Rezepte mit Sultaninen gibt, kann ihn offenbar auch nicht besänftige­n. (jos)

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FOTO: IMAGO „Turkey“- in der gegrillten Thanksgivi­ng-Variante.

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