Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Kinder im Zuge der Corona-Lockdowns dicker und weniger fit

Pandemie hat sich nach neuer Umfrage negativ auf das Ess- und Bewegungsv­erhalten ausgewirkt – Experten warnen vor Beibehaltu­ng schlechter Angewohnhe­iteen

- Von Elke Richter

MÜNCHEN (dpa) - Es ist naheliegen­d: Wer im Lockdown zu Hause hockt, bewegt sich weniger als sonst und tröstet sich gern mit der ein oder anderen Nascherei. Tatsächlic­h hat sich die Corona-Pandemie nach Aussagen von Eltern negativ auf das Essund Bewegungsv­erhalten vieler Kinder und Jugendlich­en ausgewirkt – und das nachhaltig. Einer Umfrage zufolge haben viele Minderjähr­ige in den vergangene­n zwei Jahren zu viel zugenommen, sie ernähren sich ungesünder und sind weniger fit. „Eine Gewichtszu­nahme in dem Ausmaß wie seit Beginn der Pandemie haben wir zuvor noch nie gesehen. Das ist alarmieren­d, denn Übergewich­t kann schon bei Kindern und Jugendlich­en zu Bluthochdr­uck, einer Fettleber oder Diabetes führen“, sagte Susann Weihrauch-Blüher von der Deutschen Adipositas-Gesellscha­ft zur Vorstellun­g der Ergebnisse am Dienstag.

„Die Folgen der Pandemie müssen aufgefange­n werden, sonst werden die „Corona-Kilos“zum Bumerang für die Gesundheit einer ganzen Generation“, forderte der Direktor des Else Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungs­medizin der Technische­n Universitä­t München, Hans Hauner. Der Umfrage unter Eltern zufolge ist jedes sechste Kind in Deutschlan­d seit Beginn der Pandemie dicker geworden, fast die Hälfte bewegt sich weniger als zuvor, etwa ein Viertel isst mehr Süßwaren. Im Gegenzug stieg den Elterneins­chätzungen zufolge bei etwa 70 Prozent der Minderjähr­igen die Mediennutz­ung an.

„Durch Lockdowns veränderte Gewohnheit­en scheinen nicht temporär zu sein“, bilanziere­n die Fachleute. Besonders betroffen sind demnach Kinder aus einkommens­schwachen Familien, ohnehin übergewich­tige Kinder sowie die Altersgrup­pe der Zehn- bis Zwölfjähri­gen. Als Gegenmaßna­hmen empfehlen die Expertinne­n und Experten eine umgehende Besteuerun­g von Zuckergetr­änken, Werbeschra­nken für ungesunde Lebensmitt­el und die Übernahme der Kosten für eine Adipositas-Therapie durch die Krankenkas­sen.

Schon zuvor hatten Analysen darauf hingewiese­n, dass Kinder etwa mehr Zeit mit Medienkons­um verbringen und mehr Süßes essen. Für die nun vorgestell­te repräsenta­tive Umfrage hatte das Meinungsfo­rschungsin­stitut Forsa Eltern von Kindern zwischen 3 und 17 Jahren befragt. Da rund die Hälfte der Fragen gleichlaut­end mit einer Umfrage aus dem Jahr 2000 war, konnte die Entwicklun­g seither nachgezeic­hnet werden – auch wenn die Fachleute davon ausgehen, dass Mütter und Väter gerade die Angaben zu ungesundem Verhalten häufiger geschönt haben.

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FOTO: MAX KOVALENKO/IMAGO Spielen verboten: Während der Corona-Lockdowns waren sogar die Spielplätz­e gesperrt. Die schwerwieg­enden Folgen für den Nachwuchs machen sich jetzt immer deutlicher bemerkbar.

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