Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Verzweifelte Mutter sucht in Paraguay nach ihrer Tochter
Vater reiste 2021 mit dem Mädchen nach Südamerika – Sie wird in einer Siedlung deutscher Impfgegner vermutet
ASUNCION (AFP) - Ermittlungen in Deutschland, stockende Suche in Paraguay: Mit einem verzweifelten Hilferuf zur Fahndung nach ihrer bereits seit Monaten vermissten Tochter hat sich eine deutsche Mutter in Paraguay an die Öffentlichkeit gewandt. Die zehnjährige Clara und ein anderes verschwundenes Mädchen aus Deutschland werden in einer Siedlung von Impfgegnern in dem südamerikanischen Land vermutet.
Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Vertretern der paraguayischen Behörden bat Anne Maja Reiniger-Egler die Bevölkerung um Mitwirkung bei der Fahndung nach ihrer Tochter Clara. „Bitte haben Sie ein Herz für unsere Mädchen und helfen Sie uns bei unserer Suche“, sagte Reiniger-Egler mit vor Schmerz gebrochener Stimme. „Wir wollen sie finden und ihnen ihr altes Leben zurückgeben, in dem sie glücklich waren“, sagte sie auf Spanisch.
Clara war im November mit ihrem Vater Andreas Rainer Egler, einem mutmaßlichen Gegner der CoronaImpfungen, nach Paraguay eingereist. Beide wurden dabei von Eglers neuer Ehefrau Anna Maria Egler und deren elfjähriger Tochter Lara Valentina begleitet. Die Erwachsenen hatten die Mädchen laut paraguayischer Staatsanwaltschaft ohne Zustimmung des jeweils anderen Elternteils in das Land mitgenommen.
Die Mädchen wurden nach Angaben der paraguayischen Behörden zuletzt am 19. Januar gesehen. Es besteht der Verdacht, dass sie in einer Siedlung deutscher Impfgegner versteckt gehalten werden. Paraguay hat sich während der Corona-Pandemie zu einem Zielort für Deutsche entwickelt, welche die Corona-Auflagen in ihrem Heimatland strikt ablehnen.
Auch in Deutschland laufen Ermittlungen in dem Fall: Die Staatsanwaltschaft Essen wirft dem Ehepaar Kindesentziehung vor, wie eine Sprecherin sagte. Ermittelt werde wegen der Entführung beider Kinder aus früheren Beziehungen, da die Mädchen ohne die Zustimmung des jeweils in Deutschland zurückgebliebenen Elternteils nach Paraguay gebracht worden seien. Für eine etwaige Rückführung der Kinder sei jedoch das Bundesjustizministerium zuständig.
Reiniger-Egler hielt während der Pressekonferenz in der Hauptstadt Asunción eine Porträtaufnahme ihrer Tochter hoch. Sie richtete auch einen direkten Appell an den Vater. Er solle „diesem Alptraum ein Ende setzen“und Kontakt mit ihr aufnehmen, sagte sie. „Die Mädchen können nicht ihr ganzes Leben lang weglaufen“, sagte Claras Mutter. Sie versprach, nicht rechtlich gegen ihren ehemaligen Partner vorzugehen, wenn sie nur mit ihrer Tochter wieder vereint sein könne. Nach eigenen Angaben hält sich Reiniger-Egler bereits seit Wochen in Paraguay auf. Am Rande der Pressekonferenz sagte sie, sie sehe den Appell an die Öffentlichkeit als „die letzte Chance“, die zwei Mädchen wiederzufinden.
Die paraguayischen Behörden prangerten „Geheimhaltung und geringe Kooperation in den deutschen Gemeinden in den Gebieten an, in denen die Mädchen gesehen wurden“. Staatsanwältin Carina Sánchez räumte ein, dass die bisherige fünfmonatige Suche nach den Mädchen „ohne größere Fortschritte“verlaufen sei. Die Behörden sicherten zu, die Suche nach den deutschen Mädchen zu verstärken.