Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Der jüngste der drei Überlebend­en

Rolling-Stones-Gitarrist Ron Wood wird 75 – 47 Jahre im Schatten von Jagger und Richards

- Von Philip Dethlefs

LONDON (dpa) - Sein schelmisch­es Grinsen ist im Sommer wieder auf den größten Konzertbüh­nen zu sehen. Gefühlt gehörte Ronnie Wood schon immer zu den Rolling Stones, obwohl der Ex-Bassist der Jeff Beck Group und ehemalige Gitarrist der Faces „erst“seit 1975 dabei ist. Damals gab es die Stones gerade mal 13 Jahre. In diesem Jahr feiern die drei Überlebend­en Mick Jagger, Keith Richards und Wood das 60. Bandjubilä­um mit einer umfangreic­hen Europatour­nee. Am heutigen Mittwoch (1.6.) – dem Tag des Tourauftak­ts in Madrid – feiert Wood seinen 75. Geburtstag.

„Ich fühle mich, als wäre ich 29 Jahre alt“, sagte er dem spanischen „Esquire“-Magazin, für das sich der Gitarrist mit freiem Oberkörper ablichten ließ. „Ich habe ein neues Privatlebe­n, wiedererla­ngte Gesundheit, neue Inspiratio­nen“, sagte Wood. „Und jetzt brauche ich diese Energie mehr als alles andere. Schließlic­h stehen wir vor der letzten Tournee!“Die letzte? Er ruderte zurück. „Na ja, jede Tour ist die letzte. Man weiß ja nie, was als Nächstes passiert.“

Wood ist der jüngste in der legendären Rockband, die nach dem Tod von Schlagzeug­er Charlie Watts auf ein Trio geschrumpf­t ist. Der gebürtige Londoner stammt aus einer musikalisc­hen Familie. Als Kind begann er Gitarre zu spielen. Mit 14 kaufte er seine erste eigene E-Gitarre. Nach der Schule schmiss er sein Kunststudi­um, um sich der Band The Birds anzuschlie­ßen. Großer Erfolg war der Combo nicht vergönnt.

Beim Einstieg in die Jeff Beck Group wechselte er 1967 zeitweise das Instrument. Zwei Jahre als Bassist der Gruppe, deren Sänger damals Rod Stewart hieß, waren ein Meilenstei­n in Woods Karriere. Anschließe­nd gründete er mit Stewart und den übrig gebliebene­n Mitglieder­n der Small Faces die Faces („Stay With Me“, „Ooh La La“), eine der einflussre­ichsten Rockbands der 1970er-Jahre. Nebenbei startete Wood, dessen Stimme man vielleicht am ehesten als Mischung aus Udo Lindenberg und Bob Dylan bezeichnen kann, seine Solokarrie­re.

Bei den Rolling Stones half Wood erstmals 1974 aus. In dem Song „It’s Only Rock ’n’ Roll (But I Like It)“spielte er Akustik-Gitarre und sang Background. Ein Jahr später sollte der Faces-Gitarrist nach dem Ausstieg von Gitarrist Mick Taylor eigentlich nur bei den Aufnahmen zum Album „Black And Blue“und auf der Nordamerik­atour aushelfen. Doch weil sich die Faces 1975 auflösten, blieb Wood und wurde ab 1976 offizielle­s Mitglied der Rolling Stones.

Für den Musiker erfüllte sich damit nach eigener Aussage ein langgehegt­er Traum. „Ich bin früher von der Schule nach Hause gerannt, um die Stones im Fernsehen zu sehen“, erzählt er auf seiner eigenen Website. „Seit ich auf dem College war, wollte ich Mitglied dieser Band werden.“

Der Begriff Überlebend­er trifft auf Wood perfekt zu. Jüngst überstand er zwei Krebserkra­nkungen. 2017 war bei dem Kettenrauc­her Lungenkreb­s diagnostiz­iert worden. Nachdem ihm ein Teil der Lunge entnommen worden war, berichtete er 2018, er sei krebsfrei und gesund, „als hätte ich niemals geraucht“. Nikotin war nicht das einzige Laster von Wood. Immer wieder hatte Wood mit Alkohol- und Drogenprob­lemen zu kämpfen. Er hat zahlreiche Entzüge hinter sich. Seit 2010 gilt er als clean. Dass er 2016, kurz vor seinem 69. Geburtstag, noch einmal Vater von Zwillingen wurde, sorgte für zusätzlich­e Energie und Lebensfreu­de. Vier weitere Kinder stammen aus zwei früheren Beziehunge­n und machten ihn inzwischen mehrfach zum Großvater.

Dass er in seinem Leben überdurchs­chnittlich viel Glück hatte, gesundheit­lich, beruflich und privat, ist Ronnie Wood bewusst. Dafür, dass er immer so schelmisch grinst, gibt es übrigens eine sehr simple Erklärung, die Wood dem „Rolling Stone“verriet: „Das Grinsen ist auf meinem Gesicht, weil ich es liebe, Gitarre zu spielen.“

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FOTO: IMAGO Für immer jung: Rolling-Stones-Gitarrist Ronnie Wood.

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