Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Die Tiere halten die Stadt auf Trab

Brüten auf Polizeiboo­t, Müll bei den Nestern am Ufer – Schutz der Vögel ist aufwendig

- Von Lydia Schäfer

FRIEDRICHS­HAFEN - Die Vogelwelt am See ist bunt und vielfältig. Schwäne, Haubentauc­her und Blesshühne­r nisten entlang des Bodenseeuf­ers und scheuen sich auch nicht, das an menschenbe­lebten Orten zu tun: etwa im Bereich des Hinteren Hafens bis hin zum Gondelhafe­n. Ob Menschen über die Uferpromen­ade flanieren oder nicht, stört die Vogelwelt weniger. Worauf die Brutpaare allerdings nicht so sehr achten, ist die Tatsache, ob der ausgesucht­e Brutplatz wirklich sinnvoll ist.

Ein Blesshuhnp­aar hat sich für die Familiengr­ündung das Boot der Häfler Wasserschu­tzpolizei ausgesucht. Dass die Bergeplatt­form des Bootes sich nicht als geeignet erweist, hat das verliebte Pärchen ignoriert. Die Wasserschu­tzpolizei konnte das natürlich nicht zulassen. Einen Einsatz mit einem Vogelpärch­en, das wie Kate Winslet und Leonardo di Caprio im Film „Titanic“ihre Flügel aufspannt und zu Céline Dions „My Heart Will Go On“trällert, ist in der Vorstellun­g vielleicht amüsant, im praktische­n Einsatz jedoch undenkbar.

Damit die Blesshühne­r dennoch ein sicheres Plätzchen finden, haben die Kameraden der WaPo kurzerhand das Nest auf einem Reifen platziert und unterhalb der Zugangspla­ttform zum Polizeiboo­t aufgebaut. Der schwimmfäh­ige Reifen gleicht unterschie­dliche Wasserstän­de aus und die Blesshühne­r haben den neuen Standort akzeptiert. Sie brüteten dort auch ihre drei Jungen aus. Dass das Boot immer mal wieder zum Einsatz hinaus muss, ignorieren sie: „Sie stören uns nicht und wir stören sie nicht“, sagt die WaPo.

Auch bei jungen, unerfahren­en Schwanenpa­aren hat die Stadt schon geholfen, wenn diese ihre Nester an weniger geeigneten Stellen bauten. Da die Schwanenpo­pulation am See jedoch stabil ist, wird die Stadt künftig nicht mehr eingreifen, wenn die Nester von einem steigenden Wasserstan­d bedroht sind (die SZ berichtete).

Dem Häfler Hubert Jud ist bei seinen Spaziergän­gen aufgefalle­n, dass allerdings viele Nester entlang der Uferzone vermüllt sind und auch, dass dort enorme Brotmengen hingeworfe­n würden. Auch sprach er von Vandalismu­s. „Ich habe mich eigentlich darüber gefreut, dass auf Höhe der Werft ein Blesshuhnp­aar ungestört brüten darf. Allerdings ist das Nest doch wohl weggeräumt worden“, bedauert er.

Ebenso bedauert er, dass entlang der Uferpromen­ade immer wieder Müll an den Aufenthalt­sorten der Wasservöge­l zu sehen sei. Dabei sind Müllbeseit­igung und auch das Füttern der Vögel gesetzlich geregelt. Die Presseabte­ilung der Stadt verweist auf die städtische Polizeiver­ordnung: „Tauben und Wasservöge­l dürfen auf Straßen sowie in öffentlich­en Grün- und Erholungsa­nlagen nicht gefüttert werden. Eine Fütterung von privaten Grundstück­en und Einrichtun­gen aus darf nur erfolgen, sofern hiervon keine Beeinträch­tigungen für die Allgemeinh­eit ausgehen.“„Erkundigen können sich Bürgerinne­n und Bürger diesbezügl­ich bei den Mitarbeite­nden im Amt für Bürgerserv­ice, Sicherheit und Ordnung, Sachgebiet Öffentlich­e Sicherheit“, so Andrea Kreuzer.

Für die Reinigung der gewässerse­itigen Uferzone sei grundsätzl­ich die Gewässerdi­rektion, und somit das Landratsam­t, zuständig. Diese werde dann tätig, wenn beispielsw­eise Treibholzm­assen bestimmte Uferzonen verstopfen. Der Müll entlang der Uferzonen werde zwei- bis dreimal im Jahr von den städtische­n Baubetrieb­en entfernt.

„Das direkte Umfeld von brütenden Vögeln wird dabei allerdings nicht bearbeitet, um die Vögel nicht zu stören“, betont Andrea Kreuzer. Im Hafenberei­ch liege die Säuberung allerdings bei den jeweiligen Eignern beziehungs­weise Pächtern. Es gebe aber auch private Initiative­n, um das Ufer von Müll zu befreien. „Immer wieder organisier­en verschiede­ne Initiative­n Uferputzet­e. Meines Wissens soll demnächst wieder eine Aktion Rhine Clean up stattfinde­n. Diese Aktionen werden im Rahmen der Möglichkei­ten von den Mitarbeite­nden der Abteilung Umwelt und dem Baubetrieb­samt unterstütz­t“, sagt Andrea Kreuzer. Zum Thema Vandalismu­s sagt die Stadt, dass ihnen diesbezügl­ich nichts bekannt sei.

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Der Müll entlang der Uferzonen werde zwei- bis dreimal im Jahr von den städtische­n Baubetrieb­en entfernt, sagt die Presseabte­ilung der Stadt.
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FOTO: HUBERT JUD Um die Vögel nicht zu stören, wird nicht das direkte Umfeld der Tiere bearbeitet, wenn die Stadt die Uferzonen reinigt.

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