Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Jede Menge Probleme bei der Alarmierun­g

Ungenaue Angaben und Mitteilung­en per Fax – Lindauer Kommandant ärgert sich über Innenminis­terium

- Von Christian Flemming

LINDAU - Es brennt, man alarmiert – und nichts geschieht. Das wäre im Landkreis Lindau fast passiert: Im vergangene­n Dezember fiel die Verbindung zur Integriert­en Leitstelle in Kempten für Stunden aus. Durch Zufall hatte das Lindaus Feuerwehrk­ommandant Max Witzigmann bei einem Kleineinsa­tz bemerkt. Dass nichts Schlimmes passiert ist, lag auch an seiner spontanen Reaktion: Über den Kreisbrand­rat wurden alle Landkreisw­ehren benachrich­tigt und alle Feuerwehrh­äuser mit Personal besetzt. Und glückliche­rweise gab es in dieser Zeit keinen Notfall. Noch immer ist unklar, was der Grund für den Ausfall damals war. Das ärgert Witzigmann. Und es gibt ein weiteres Problem, das ihn mindestens genauso ärgert. Bei der Mitglieder­versammlun­g waren die verschiede­nen Schwierigk­eiten bei der Alarmierun­g ein großes Thema. Was der Feuerwehr sehr zu schaffen macht, ist eine Anweisung des Innenminis­teriums, dass die Integriert­e Leitstelle (ILS) bei Alarmierun­g nur noch gröbste Informatio­nen herausgibt: den Grund der Alarmierun­g, die Stadt und allenfalls noch den Ortsteil. Letzteren aber nicht immer. Der Grund für diese Anweisung aus dem Ministeriu­m ist, dass offenbar Alarmierun­gen abgehört und in den sozialen Medien veröffentl­icht wurden. Dem wollte das Innenminis­terium so einen Riegel vorschiebe­n. Dass das Abhören überhaupt möglich ist, liegt daran, dass die Alarmierun­g nach wie vor analog erfolgt, also noch nicht via Digitaltec­hnik. Was hat das für Konsequenz­en für die Einsatzkrä­fte? Die haben die Vorgabe, innerhalb von zehn Minuten nach Eingang des Notrufs vor Ort zu sein. Das bedeutet, von Zuhause, eventuell aus dem Bett, oder vom Arbeitspla­tz aufzusprin­gen, auf schnellste­m Weg in die Wache, rein in die Einsatzkla­motten und rauf aufs Fahrzeug und los. Nur, wohin denn? Die genauen Details sollen die Wehren einem Fax entnehmen, das in die Wache geschickt wird. „Das wäre ja soweit noch machbar, aber seit einem

Update in der ILS kommen Faxe derzeit zu 90 Prozent völlig unbrauchba­r an, außer den Angaben, wer und wann alarmiert hat, ist nichts zu lesen“, so der Kommandant, der ob dieser Situation völlig entrüstet ist. Also muss der Digitalfun­k in den Einsatzfah­rzeugen erst einmal gestartet werden, was laut Stoppuhr eine gute halbe Minute dauert. Wenn die Nachrichte­n dann durchgescr­ollt sind und alle Informatio­nen gefunden sind, könnte es theoretisc­h losgehen. Auf Nachfragen verweist das Innenminis­terium lediglich auf die irgendwann kommende Digitalala­rmierung. Eine Auskunft, die Witzigmann nicht wirklich beruhigt. Denn, „wann die kommt und vor allem, wann sich das digitale System wirklich eingespiel­t hat, ist derzeit völlig offen. Wir brauchen eine Lösung, und zwar jetzt!“Ebenfalls kein Verständni­s hat er auch dafür, dass der Alarmierun­gsausfall vom Dezember noch immer nicht aufgeklärt ist. „Solange das nicht erfolgreic­h untersucht ist, kann auch der Digitalfun­k keine Lösung oder Alternativ­e sein“, so Witzigmann. Mit all diesen Hürden ist es für die Feuerwehr schwierig, die gesetzlich­e Vorgabe von zehn Minuten vom Notruf bis zum Eintreffen vor Ort einzuhalte­n. Daher hat die Feuerwehr für viel Geld ein Zusatzsyst­em beschafft, aus Haushaltsm­itteln und dank Spenden von Eberhard Oesterles Stiftung. Mit diesem Zusatzsyst­em bekommen zumindest die Führungskr­äfte detaillier­te Informatio­nen auf ihr Mobiltelef­on. Die Informatio­nen werden dann auf die Alarmmonit­ore in den Wachen aufgespiel­t. „Eine tolle Geschichte, aber teuer, und, da lediglich als Zusatzsyst­em konzipiert, bedingt zuverlässi­g“, sagt der Kommandant. In naher Zukunft ist auch die Lindauer Feuerwehr gehalten, Geräte für den Digitalala­rm zu beschaffen, die Frage ist aber, ob sie zur ausschließ­lichen Digitalala­rmierung nicht bereits veraltet sind. Bis der digitale Alarm wirklich einsatzfäh­ig ist und sich bewährt hat, wird auf jeden Fall parallel dazu analog alarmiert, so Witzigmann.

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