Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Jede Menge Probleme bei der Alarmierung
Ungenaue Angaben und Mitteilungen per Fax – Lindauer Kommandant ärgert sich über Innenministerium
LINDAU - Es brennt, man alarmiert – und nichts geschieht. Das wäre im Landkreis Lindau fast passiert: Im vergangenen Dezember fiel die Verbindung zur Integrierten Leitstelle in Kempten für Stunden aus. Durch Zufall hatte das Lindaus Feuerwehrkommandant Max Witzigmann bei einem Kleineinsatz bemerkt. Dass nichts Schlimmes passiert ist, lag auch an seiner spontanen Reaktion: Über den Kreisbrandrat wurden alle Landkreiswehren benachrichtigt und alle Feuerwehrhäuser mit Personal besetzt. Und glücklicherweise gab es in dieser Zeit keinen Notfall. Noch immer ist unklar, was der Grund für den Ausfall damals war. Das ärgert Witzigmann. Und es gibt ein weiteres Problem, das ihn mindestens genauso ärgert. Bei der Mitgliederversammlung waren die verschiedenen Schwierigkeiten bei der Alarmierung ein großes Thema. Was der Feuerwehr sehr zu schaffen macht, ist eine Anweisung des Innenministeriums, dass die Integrierte Leitstelle (ILS) bei Alarmierung nur noch gröbste Informationen herausgibt: den Grund der Alarmierung, die Stadt und allenfalls noch den Ortsteil. Letzteren aber nicht immer. Der Grund für diese Anweisung aus dem Ministerium ist, dass offenbar Alarmierungen abgehört und in den sozialen Medien veröffentlicht wurden. Dem wollte das Innenministerium so einen Riegel vorschieben. Dass das Abhören überhaupt möglich ist, liegt daran, dass die Alarmierung nach wie vor analog erfolgt, also noch nicht via Digitaltechnik. Was hat das für Konsequenzen für die Einsatzkräfte? Die haben die Vorgabe, innerhalb von zehn Minuten nach Eingang des Notrufs vor Ort zu sein. Das bedeutet, von Zuhause, eventuell aus dem Bett, oder vom Arbeitsplatz aufzuspringen, auf schnellstem Weg in die Wache, rein in die Einsatzklamotten und rauf aufs Fahrzeug und los. Nur, wohin denn? Die genauen Details sollen die Wehren einem Fax entnehmen, das in die Wache geschickt wird. „Das wäre ja soweit noch machbar, aber seit einem
Update in der ILS kommen Faxe derzeit zu 90 Prozent völlig unbrauchbar an, außer den Angaben, wer und wann alarmiert hat, ist nichts zu lesen“, so der Kommandant, der ob dieser Situation völlig entrüstet ist. Also muss der Digitalfunk in den Einsatzfahrzeugen erst einmal gestartet werden, was laut Stoppuhr eine gute halbe Minute dauert. Wenn die Nachrichten dann durchgescrollt sind und alle Informationen gefunden sind, könnte es theoretisch losgehen. Auf Nachfragen verweist das Innenministerium lediglich auf die irgendwann kommende Digitalalarmierung. Eine Auskunft, die Witzigmann nicht wirklich beruhigt. Denn, „wann die kommt und vor allem, wann sich das digitale System wirklich eingespielt hat, ist derzeit völlig offen. Wir brauchen eine Lösung, und zwar jetzt!“Ebenfalls kein Verständnis hat er auch dafür, dass der Alarmierungsausfall vom Dezember noch immer nicht aufgeklärt ist. „Solange das nicht erfolgreich untersucht ist, kann auch der Digitalfunk keine Lösung oder Alternative sein“, so Witzigmann. Mit all diesen Hürden ist es für die Feuerwehr schwierig, die gesetzliche Vorgabe von zehn Minuten vom Notruf bis zum Eintreffen vor Ort einzuhalten. Daher hat die Feuerwehr für viel Geld ein Zusatzsystem beschafft, aus Haushaltsmitteln und dank Spenden von Eberhard Oesterles Stiftung. Mit diesem Zusatzsystem bekommen zumindest die Führungskräfte detaillierte Informationen auf ihr Mobiltelefon. Die Informationen werden dann auf die Alarmmonitore in den Wachen aufgespielt. „Eine tolle Geschichte, aber teuer, und, da lediglich als Zusatzsystem konzipiert, bedingt zuverlässig“, sagt der Kommandant. In naher Zukunft ist auch die Lindauer Feuerwehr gehalten, Geräte für den Digitalalarm zu beschaffen, die Frage ist aber, ob sie zur ausschließlichen Digitalalarmierung nicht bereits veraltet sind. Bis der digitale Alarm wirklich einsatzfähig ist und sich bewährt hat, wird auf jeden Fall parallel dazu analog alarmiert, so Witzigmann.