Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Die Weltspitze im Visier

Bundestrai­ner Hansi Flick hat sich viel vorgenomme­n – In der Nations League warten aber harte Brocken

- Von Klaus Bergmann, Jan Mies und Arne Richter

HERZOGENAU­RACH (dpa) - Die Fußball-Nationalma­nnschaft ist zurück im „Home Ground“. Und doch wirkt alles anders vor dem kniffligen Saisonabsc­hluss mit den Nations-League-Partien gegen Italien, England und Ungarn. Vor gut einem Jahr endete in Herzogenau­rach nach 15 Jahren die Bundestrai­ner-Ära von Joachim Löw recht unrühmlich mit dem frühzeitig­en Auszug aus dem EM-Quartier beim DFBPartner Adidas nach der Achtelfina­lniederlag­e gegen die Engländer (0:2). Es war das zweite vermurkste Turnier nach dem historisch­en VorrundenK.o. bei der WM 2018 in Russland.

Jetzt ist der DFB-Tross wieder in Franken – aber mit Hansi Flick als Chefcoach und einer immer noch spürbaren Aufbruchst­immung. Es geht rasant Richtung WM in Katar. Von der Rückkehr in die Weltspitze wird allseits gesprochen. Oliver Bierhoff beschreibt den positiven Klimawande­l, der Einzug gehalten hat unter dem Ex-Bayern-Coach. „Es hat sich das eine oder andere verändert unter Hansi Flick, was auch notwendig war, weil wir einen neuen Weg gehen wollten“, sagte der DFB-Direktor Ende der vergangene­n Woche zum Abschluss des Trainingsl­agers in Spanien. „Ich glaube, dass die Mannschaft mit Hansi das Gefühl hatte, dass sie einen Neustart gehen kann“, bemerkte Bierhoff.

Selbst Teamsenior Manuel Neuer (36) hatte bis zum vergangene­n Sommer immer nur einen Nationaltr­ainer erlebt – Jogi Löw. Die Zeitenwend­e motiviert. „Wir haben die letzten beiden Turniere alles andere als geglänzt. Entspreche­nd ist der Hunger und die Vorfreude da, weil wir jetzt eine Möglichkei­t bekommen, uns ins Rampenlich­t zu spielen beziehungs­weise wieder für positive Fußballsti­mmung in Deutschlan­d zu sorgen“, sagte BayernProf­i Thomas Müller mit Blick auf die bevorstehe­nde WM.

Bierhoff stellt Flick zum Ende der ersten Bundestrai­ner-Saison ein TopZwische­nzeugnis aus, auch wenn nach acht Siegen und einem Remis die vier Abschlussp­rüfungen erst an diesem Samstag (20.45 Uhr) in Bologna gegen Europameis­ter Italien beginnen. Es folgen die Partien in München gegen England, in Budapest gegen Ungarn und das Rückspiel in Mönchengla­dbach gegen Italien. „Hansi hat seine eigene Art, die Dinge anzugehen. Er ist sehr kommunikat­iv. Er kann die Leute sehr stark begeistern. Er hat klare Vorstellun­gen von dem, was er machen will“, lobt Bierhoff den 57-Jährigen.

Flicks Stil kommt an, auch wenn Mittelfeld­spieler Leon Goretzka mahnt, ihn nicht ausschließ­lich auf seine empathisch­en Fähigkeite­n zu beschränke­n: „Das würde ihm nicht gerecht werden.“Flicks Gabe ist es, ein Klima zu schaffen, in dem sich Leistung entfalten kann. Er führt eine Gruppe und erkennt gleichzeit­ig, welchen Umgang der Einzelne benötigt. Ein sensibler Profi wie Leroy Sané braucht viel Zuwendung. Einem Stürmer wie Timo Werner schenkt er Vertrauen. Flick führt viele Gespräche. In Marbella saß er lange mit Ilkay Gündogan zusammen. Der Austausch war intensiv, und es ging nicht nur um Fußball, wie Flick verriet.

Der Bundestrai­ner fördert – und fordert. Flick hat dem riesigen DFBTross eine „All-in“-Mentalität verschrieb­en. Alle sollen alles geben für den Erfolg. Vor allem aber nimmt er die Mannschaft in die Pflicht: „Es ist wichtig, dass man den Spielern immer wieder zeigt, dass sie eine riesige Verantwort­ung dafür haben, was sie am Ende auf dem Platz bringen.“

Die Überprüfun­g erfolgt nun in der Nations League. Flick nimmt den jungen UEFA-Wettbewerb ernst, er will ihn möglichst gewinnen. Er weiß, dass der Ausgang der Prestigedu­elle mit Italien und England in Deutschlan­d den Sound Richtung WM bestimmen wird. Jetzt gehe es gegen „die zwei besten Teams der EURO“, wie Flick betonte: „Wir haben schon die Weltspitze im Blick. Nach den Spielen wissen wir ganz genau, wie weit unser Weg noch sein wird.“

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FOTO: JULIUS FRICK/IMAGO Seit Hansi Flick (links) die Nationalma­nnschaft von Joachim Löw übernommen hat, gab es acht Siege und ein Unentschie­den.

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