Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Bauen statt parken
Friedrichshafen will Flächen von Firmenstellplätzen anders nutzen
FRIEDRICHSHAFEN - Weniger Parkplätze, dafür mehr Fläche, um zu bauen: Die Stadt Friedrichshafen will die Zahl der Stellplätze, die ein Unternehmen für Mitarbeiter und Besucher vorhalten muss, reduzieren. Davon versprechen sich die Verantwortlichen Potenziale für die Nachverdichtung oder die Neuausweisung von gewerblichen Betrieben. Das Beispiel Messe zeigt: Dadurch könnten ziemlich große Flächen frei werden.
Die Landesbauordnung regelt in Baden-Württemberg, wie viele Parkplätze ein Unternehmen haben muss. Maßgeblich dafür ist die Nutzfläche des Betriebs: Ein Stellplatz je 50 bis 70 Quadratmeter Nutzfläche ist vorgeschrieben, wobei die Kommunen innerhalb dieses Spielraums selbst wählen können. „Bisher hat die Stadt Friedrichshafen immer den Mittelwert angewandt, sprich: 60 Quadratmeter“, sagte Robert Waibel, stellvertretender Leiter des Stadtbauamts, in der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Planen, Bauen und Umwelt (PBU).
Dabei kommt ganz schön was zusammen: Allein ZF und Rolls-Royce stellen laut Verwaltung mitten in der Stadt zwischen Colsman- und Hochstraße mehr als 1000 Autoparkplätze auf weitgehend versiegelten Flächen bereit. Die Messe Friedrichshafen am Stadtrand verfügt sogar über mehr als 8000 Stellplätze.
Nun würde die Stadt gern den Spielraum ausreizen und die maßgebliche Zahl der Nutzfläche auf 70 Quadratmeter erhöhen, so Waibel. Damit sei sofort eine theoretische Reduzierung der notwendigen Fläche für Parkplätze erreichbar. Welches
Potenzial in diesem Vorgehen schlummert, zeigte der Stadtplaner am Beispiel der Messe – ausdrücklich ein reines „Rechenbeispiel“– auf: Dort ist aktuell als Richtwert sogar ein Stellplatz je zehn Quadratmeter Ausstellungsfläche angesetzt.
Diese könnte der Regelung nach auf 80 bis 100 Quadratmeter erhöht werden. Mit dem Ergebnis, dass 2,3 Hektar Fläche, auf der bislang nur Autos abgestellt wurden, für andere Zwecke frei werden würde.
Bei „Bestandsanlagen“könnte die Regelung über eine „Neubeantragung“zum Tragen kommen. Die Unternehmen müssten also selbst von der Möglichkeit Gebrauch machen. Und wenn es weniger Parkplätze gebe, müssten dafür andere Mobilitätskonzepte kommen, machte Robert Waibel klar – etwa eine bessere ÖPNV-Anbindung. „Wir müssen auch die Möglichkeit schaffen, dass die Arbeitnehmer zu ihrer Arbeitsstelle kommen“, so Waibel. Hierfür sei man schon in Gesprächen mit dem Stadtverkehr und wolle die Ergebnisse im ersten Halbjahr 2023 dem Gemeinderat präsentieren.
Im PBU fand der Plan Zuspruch. „Ich finde das Konzept sehr gut“, sagte Felix Bohnacker (Grüne). Er regte aber an, dass die Stadt mit Unternehmen in Dialog treten und diese Möglichkeit „offensiv bekannt machen“solle. Simon Wolpold (Netzwerk für Friedrichshafen) fragte, ob die Messe denn überhaupt Interesse an einer solchen Reduzierung der Parkplätze habe. „Da sind wir in den Gesprächen noch nicht so weit“, antwortete der Erste Bürgermeister Fabian Müller. Das Thema sei ein längerfristiges und es gelte nun „einen Einstieg zu finden“.
Und Jochen Meschenmoser (Freie Wähler) gab zu Bedenken, dass es für die Messe eine passende Alternative zu den Parkplätzen geben müsse. „Wenn da internationale Veranstaltungen sind, kann man nicht mit lokalen Angeboten kommen“, sagte er.
Für den Plan, den Richtwert für nötige Parkplätze zu erhöhen, gab es eine einstimmige Empfehlung des Gremiums. Der Gemeinderat wird am Montag, 21. November, einen Beschluss dazu fassen. sagt Robert Waibel, stellvertretender Leiter des Stadtbauamts
„Wir müssen auch die Möglichkeit schaffen, dass die Arbeitnehmer zu ihrer Arbeitsstelle kommen“,