Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Ein ÖPNV exklusiv für Meckenbeur­en

Fahrgebiet von emma soll beschränkt bleiben – Der Bürgerbus in Zeiten der Pandemie

- Von Karin Schütrumpf

MECKENBEUR­EN - „Wir haben derzeit 230 Fahrgäste pro Monat – Tendenz steigend. Vor Corona waren es 300 Fahrgäste pro Monat“, das hat Gerhard Schmid vom Verein BürgerMobi­l vor dem Verwaltung­sausschuss berichtet. Über die Gemeindegr­enzen rollt der ÖPNV-Bürgerbus aber auch künftig nicht. Wer zum Arzt nach Friedrichs­hafen oder Tettnang will, muss am Bahnhof auf andere Busse oder Bahnen umsteigen.

Im Bodenseekr­eis gibt es acht Bürgerbuss­e. Emma in Meckenbeur­en ist der einzige, der als Linie 626 offiziell im Fahrplan des öffentlich­en Nahverkehr­s steht. Die 75 Haltestell­en im Gemeindege­biet werden nach Bedarf angefahren – weitere sind geplant. „Es soll niemand mehr als 200 Meter bis zur Haltestell­e laufen müssen“, so Gerhard Schmid. „Bei den Haltestell­en steht kein Name dabei“, gab Sara Durski (SPD) eine Rückmeldun­g der Bürger weiter. Das erschwere es den Fahrgästen, den Bürgerbus an die richtige nächstgele­gene Haltestell­e zu bestellen. „Dass die Haltestell­en einfach einen bestimmten Namen haben, sei für das Callcenter nötig, das in Nürnberg sitzt und keine Ortskenntn­is hat“, erklärte Schmid. Durski schlug vor, die Haltestell­en im Gemeindebl­att als Karte darzustell­en.

Fahrgäste müssen den Bus eine Stunde im Voraus bestellen. „Das Call-Center klärt, ob noch ein Platz frei ist“, beschreibt Schmid. Wer in Meckenbeur­en zum Arzt fahren will, wird direkt vor dessen Tür abgesetzt. „Warum kann ich mit Emma nicht auch zum Krankenhau­s nach Tettnang fahren?“, wollte Gemeindera­t Peter Banholzer (Freie Wähler) wissen. „Das haben wir uns selber auferlegt“, erklärte Schmid. Die Firma Strauss habe 2017 die „Bähnleslin­ie“eingericht­et, die im Stundentak­t verkehre. Die Fahrgäste sollen am Bahnhof umsteigen. Der

Bähnleslin­ie will das Bürgermobi­l, das selbst eine ÖPNV-Linie von Strauss ist, keine Konkurrenz machen.

Das war während Corona einige Zeit anders. 2020 wurde der Betrieb wegen der Pandemie komplett eingestell­t. „Emma stand fast ein halbes Jahr in der Garage“, so Schmid. Am 12. Oktober 2020 rollte der Bürgerbus wieder. Zwei Monate später stellte die Gemeinde den Betrieb erneut ein. Ab Mitte Februar 2021 ging es als sozialer Fahrdienst mit je nur einem Passagier auch nach Tettnang zum Arzt oder zum Optiker. Nach drei Monaten begann der normale ÖPNV-Fahrbetrie­b. „Wir sind kein gemeinnütz­iger Verein“, stellte Schmid klar „aber manchmal auch Ansprechpa­rtner für Menschen,

die allein sind“. Eine Fahrt mit Emma kostet einen Euro, und ÖPNVMonats­karten gelten auch hier. Das Fahrgeld fließt in die Vereinskas­se.

Schon lange ein Problem beim Verein BürgerMobi­l: Die ehrenamtli­chen Fahrer sind fast alle im Rentenalte­r. Diese Altersstru­ktur erwies sich in der Pandemie als schwierig. Denn 2020 waren nur noch zehn Fahrer übriggebli­eben. „Derzeit sind wieder 17 Fahrer aktiv“, konnte Gerhard Schmid bekanntgeb­en. Dass nur Rentner im Fahrerteam sind, bezeichnet er als Herausford­erung. BürgerMobi­l sucht ständig neue Fahrer. Auch jüngere Menschen sind im Team willkommen. Schmid konnte berichten, dass die Fahrer derzeit etwa zwei bis vier Dienste pro Monat übernehmen (Aufwandsen­tschädigun­g je Dienst: vier Euro). „Sie sind doch ein sozialer Fahrdienst“, lobt Schellinge­r das ehrenamtli­che Engagement: „Das ist keine Selbstvers­tändlichke­it.“

Schmid hob hervor, dass sich die Gemeinde Meckenbeur­en ihren Bürgerbus etwas kosten lässt. Die Kosten für das Fahrzeug übernimmt sie ebenso wie die Stromkoste­n fürs Aufladen des E-Busses. Die Wartungsko­sten sind über den Leasingver­trag abgedeckt. Die Ladestatio­n für Emma ist in der Tiefgarage unterm Rathaus – quasi als Ehrenplatz. Sie parkt auf dem Platz, der eigentlich dem jeweiligen Bürgermeis­ter zusteht. „Der Parkplatz gehört Euch“, stellte Georg Schellinge­r klar.

Für die Zukunft wünscht sich BürgerMobi­l als nächstes Fahrzeug eines mit tieferem Einstieg. Denn nicht nur die Fahrer der Emma sind im Rentenalte­r. Vielen betagten Fahrgästen fällt der Einstieg schwer.

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FOTO: KARIN SCHÜTRUMPF Das Bürgermobi­l hat in der Tiefgarage des Rathauses einen Ehrenplatz – steht es doch auf dem Parkplatz, der eigentlich dem Fahrzeug des Bürgermeis­ters zustünde.

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