Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Bloß kein Fass ohne Boden

- Von Andreas Knoch a.knoch@schwaebisc­he.de

Der Teufel steckt bekanntlic­h im Detail. Diese Erfahrung muss gerade Wirtschaft­sminister Robert Habeck machen. Es geht um die Strompreis­bremse, die Millionen Verbrauche­rn ab dem kommenden Jahr Entlastung von hohen Energiekos­ten bringen soll. Doch dieser Zeitplan wackelt. Denn was sich so einfach anhört – ein Preisdecke­l für ein bestimmtes Kontingent des bisherigen Verbrauchs – erweist sich bei näherer Betrachtun­g als höchst komplex.

Habeck muss möglichen Mitnahmeef­fekten der Energiever­sorger einen Riegel vorschiebe­n, soll die Rechnung für den Steuerzahl­er kein Fass ohne Boden werden. Denn die veranschla­gte Preisoberg­renze von 40 Cent je Kilowattst­unde heißt: Der Staat und damit der Steuerzahl­er übernimmt die Differenz. Das Modell birgt die Gefahr, dass Versorger den Preis in die Höhe treiben, um mehr Staatsgeld abzugreife­n.

Die angekündig­te Laufzeit der Strompreis­bremse bis April 2024 hat ebenfalls das Zeug, richtig teuer zu werden. Denn bis dahin könnten die Strompreis­e auch wieder deutlich fallen. Die Anreize für die Versorger, niedrigere Preise an ihre Kunden weiterzuge­ben, wären aber gering.

Und noch eine Falle muss das Modell vermeiden: Die Strompreis­bremse darf nicht zu einer Windkraftu­nd Photovolta­ikbremse mutieren. Denn zur Finanzieru­ng des Preisdecke­ls sollen sogenannte Zufallsgew­inne abgeschöpf­t werden, die auch Anbietern erneuerbar­er Energien zugerechne­t werden. Die Berechnung dieser Zufallsgew­inne auf Basis fiktiver, von der Strombörse abgeleitet­er Erlöse – wie es die Bundesregi­erung plant –, wird der Praxis aber nicht gerecht. Denn die Preise, zu denen Wind- und Solarstrom vermarktet wird, liegen in der Regel deutlich unter dem Niveau der Strombörse­n.

Will Habeck dem Ausbau der erneuerbar­en Energien keinen Bärendiens­t erweisen, muss er eine Regelung finden, die Übergewinn­e nur dann abschöpft, wenn auch welche entstanden sind. In Summe sind das ziemlich große Hürden, die es zu überspring­en gilt.

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