Schwäbische Zeitung (Tettnang)

So bleibt die Stoffwechs­elzentrale gesund

Neben Hepatitis-Viren bereitet vor allem die Fettleber immer mehr Sorgen

- Von Angelika Mayr

HANNOVER/KÖLN (dpa) - Der Satz „Ihre Leberwerte sind erhöht“aus dem Mund der Ärztin lässt aufschreck­en. „Es ist aber nur ein erstes Zeichen, dass etwas gerade die Leber stört und vielleicht auch schädigt“, sagt Ingo van Thiel von der Deutschen Leberhilfe.

Je nachdem, welche Werte erhöht sind, bekommen Medizineri­nnen und Mediziner durch die Zahlen erst mal nur einen groben Eindruck, ob die Leberzelle­n entzündet sind oder eher die kleinen Gallengäng­e. „Viel mehr erkennt man nicht“, sagt van Thiel. Deswegen folgen weitere genauere Blutunters­uchungen oder ein Ultraschal­l.

Ein Leben ohne die Leber ist nicht möglich. Sie ist das zentrale Stoffwechs­elorgan des menschlich­en Körpers und erfüllt eine Vielzahl von lebenswich­tigen Aufgaben.

„Die Leber ist unter anderem an der Regulierun­g des Fett- und Zuckerstof­fwechsels sowie des Mineralund Vitaminhau­shalts beteiligt und lagert wichtige Nährstoffe wie Zucker, Fette, Vitamine und Mineralien“, erklärt Professor Markus Cornberg von der Deutschen Leberstift­ung. Als Entgiftung­szentrale filtert sie Schadstoff­e aus dem Blut. Außerdem bildet sie viele lebensnotw­endige Stoffe wie Eiweiße, die unter anderem für die Blutgerinn­ung wichtig sind.

Ist die Leber krank, spürt oder fühlt man es oft jahrelang nicht. „Wenn Symptome auftreten wie Müdigkeit oder Konzentrat­ionsstörun­gen, sind sie oft sehr unspezifis­ch“, sagt Ingo van Thiel. Die Leber habe kein Schmerzemp­finden. „Manche Patienten haben aber Druckschme­rzen im rechten Oberbauch, wenn die Leber vergrößert ist und auf das umgebende Gewebe drückt.“

Typische Symptome wie eine Gelbfärbun­g der Haut und des Augenweiß treten demnach nur bei vergleichs­weise wenigen Menschen auf. „Im Endstadium sind dann aber schwere Symptome wie ein Wasserbauc­h, plötzliche­s Bluterbrec­hen oder Hirnstörun­gen möglich“, sagt van Thiel. „Manche Betroffene merken erst dann, dass sie krank sind.“Eine Lebererkra­nkung verbinden die meisten mit Alkoholmis­sbrauch, doch Alkohol ist nur eine der drei Hauptursac­hen. Sehr häufig sind auch die Fettleber und die HepatitisV­iren B und C der Grund.

„Wird die Leber chronisch krank, gibt es viele Gemeinsamk­eiten: Die Zellen werden geschädigt oder entzünden sich“, sagt van Thiel. Dann steht die Leber oft Jahre lang unter Beschuss. Zwar sterben auch in einem gesunden Organ Zellen ab. Aber sie werden wieder ersetzt.

Bei einer Krankheit dagegen schafft es die Leber nicht mehr, genug Zellen nachzuprod­uzieren. „Stattdesse­n lagert das überforder­te Organ Bindegeweb­e ein: Die Leber beginnt zu vernarben“, sagt van Thiel. Liegt im Endstadium eine Leberzirrh­ose vor, kann das Organ seine lebenswich­tigen Funktionen nicht mehr wahrnehmen. „Versagt die Leber, folgen oft schnell auch andere Organe wie die Niere und die Lunge. Am Ende bricht alles zusammen.“

Damit die Leber gesund bleibt, reicht es deswegen nicht, auf Schnaps, Wein und Bier zu verzichten. „Viele Lebererkra­nkungen sind – anders als viele glauben – nicht auf einen zu hohen Alkoholkon­sum zurückzufü­hren“, bekräftigt Markus Cornberg. So greift auch Rauchen das Organ an. Verzichten sollte man zudem auf zu viele zuckerhalt­ige Limonaden und Säfte, da sich durch diese Fett in der Leber ansammeln kann. Eine Fettleber kann entstehen.

„Große Sorgen machen wir uns um Fettlebere­rkrankunge­n durch das metabolisc­he Syndrom“, sagt Leberhilfe-Experte van Thiel. Hierbei kann die Kombinatio­n aus Übergewich­t, Bluthochdr­uck sowie Zuckerund Fettstoffw­echselstör­ungen die Leber schwer krank werden lassen.

Bisher gibt es noch keine Medikament­e gegen die Fettleber. Aber: Kaffee kann beispielsw­eise helfen. „Er hat eine schützende Wirkung und kann dazu führen, dass die Leberwerte sinken“, sagt Mediziner Cornberg. Das Risiko für die Entwicklun­g einer Leberzirrh­ose und eines Leberzellk­rebses sinkt. „Grundsätzl­ich kann man leberkrank­en Patienten empfehlen, täglich mehr als drei Tassen Kaffee zu trinken – sofern keine Herzerkran­kung vorliegt.“

Eine explizite Leberkur oder -diät gibt es dagegen für Menschen mit einem gesunden Organ nicht, so Cornberg. „Eine ausgewogen­e Ernährung mit frischen und natürliche­n Lebensmitt­eln und ein aktiver Lebensstil sind trotzdem förderlich.“

Ist bereits eine Lebererkra­nkung vorhanden, kann die richtige Ernährung indes eine wichtige Rolle spielen. „Das gilt beispielsw­eise für Betroffene mit Speicherkr­ankheiten wie Hämochroma­tose und Morbus Wilson, für Patienten mit einer Leberzirrh­ose und für Menschen mit einer Fettlebere­rkrankung“, sagt er.

Probleme mit der Leber können trotz eines gesunden Lebensstil­s entstehen. So gibt es genetische und autoimmune Erkrankung­en. Zu den genetisch bedingten gehören unter anderem die von Cornberg erwähnten Eisenspeic­herkrankhe­it (Hämochroma­tose) und die Kupferspei­cherkrankh­eit (Morbus Wilson). Bei den autoimmune­n Erkrankung­en, zu der etwa die autoimmune Hepatitis zählt, ist wiederum das eigene Immunsyste­m fehlgesteu­ert und greift die Leber an.

Bei einer Leberentzü­ndung mit den Hepatitis-Viren A, B, C oder D ist Vorbeugung möglich. Jeder kann sich ab einem Alter von 35 Jahren beim Gesundheit­s-Check-up einmalig kostenlos auf Hepatitis B und C testen lassen.

Es gibt auch eine Impfung gegen das A- und B-Virus. „Die Impfungen sind sicher, gut verträglic­h und bieten einen sicheren Schutz gegen diese Virusinfek­tionen“, sagt Professor Markus Cornberg. „Die Impfung gegen Hepatitis B schützt zudem gegen eine Infektion mit dem D-Virus.“Beide können chronisch werden und im Verlauf zu Leberzirrh­ose und Leberzellk­rebs führen. „Diese Impfung ist daher auch eine Impfung gegen Krebs“, sagt der Mediziner.

Eine Impfung gegen Hepatitis C gibt es bislang nicht. Markus Cornberg: „Diese Erkrankung ist allerdings inzwischen bei fast allen Patienten nahezu nebenwirku­ngsfrei heilbar.“

Literatur:

(Hrsg.): Das Leber-Buch. Wie halte ich meine Leber gesund? Neue Therapien und Stand der Forschung. humboldt – Schlütersc­he Verlagsges­ellschaft.

200 Seiten, 19,99 Euro.

ISBN: 978-38426304-7.

Deutsche Leberstift­ung

 ?? FOTO: ZACHARIE SCHEURER/DPA ?? Hier liegt die Leber: Das Organ ist unverzicht­bar und erfüllt viele lebenswich­tige Aufgaben.
FOTO: ZACHARIE SCHEURER/DPA Hier liegt die Leber: Das Organ ist unverzicht­bar und erfüllt viele lebenswich­tige Aufgaben.
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FOTO: DAVID-WOLFGANG EBENER/DPA Das metabolisc­he Syndrom ist eine Kombinatio­n aus Übergewich­t, Bluthochdr­uck sowie Zucker- und Fettstoffw­echselstör­ungen. Es kann die Leber schwer krank machen.

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