Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Wem die Stunde schlägt

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Das Imbiss-Unternehme­n McDonald’s hat in den vergangene­n Jahrzehnte­n ein sagenhafte­s Wachstum hingelegt. Aber wann immer Demoskopen danach fragten, wollte es niemand gewesen sein. Alle gingen hin, aber keiner gab es zu. Fasziniere­nd, dass mit der Marktmacht all dieser Menschen, die angeblich nie eine McDonald’s-Filiale betreten haben, ein solcher Weltkonzer­n entstehen konnte.

Mit der Fußball-Weltmeiste­rschaft 2022 wird es wohl genauso kommen. Während viele beteuern, aufgrund der Menschenre­chtslage in

Katar kein Spiel gucken zu wollen, werden die Einschaltq­uoten demnächst durch die Decke gehen. Daraus ergeben sich moralische Fragen, denen sich der Mensch nicht besonders gerne stellt. Etwa: Gibt es eigentlich eine ethische Grenze, bei deren Überschrei­tung wir dann aber mal wirklich mächtig auf den Tisch hauen würden und auf so essenziell­e Dinge verzichtet­en, wie 22 Männern dabei zuzugucken, wie sie einem Ball nachlaufen? Schön, dass niemand gezwungen ist, darauf zu wetten.

Genauso wenig ist man gezwungen, sich die Spiele tatsächlic­h anzugucken. Wobei sicher dieser Tage besonders Leute großtun, keine Sekunde WM zu schauen, obwohl sie nicht das geringste Interesse an Fußball haben. Es gibt Menschen, die behaupten, dass vor allem FIFA-Funktionär­e ebenfalls keinerlei Fußballint­eresse hegen. Diesen Mangel aber sehr gut durch ein starkes Interesse an Bargeld oder goldenen Uhren überkompen­sieren. Schade, dass nicht auch für jeden Fan eine echte Rolex herausspri­ngt, damit er wüsste, wie viel es geschlagen hat. (nyf)

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FOTO: IMAGO Geld und goldene Uhren gehören offenbar zum Geschäft.

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