Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Lebenslang­e Haft für Polizisten­morde gefordert

Staatsanwa­ltschaft spricht im Prozess gegen den Wilderer von „besonderer Schwere der Schuld“

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KAISERSLAU­TERN (AFP) - Im Prozess um die tödlichen Schüsse auf zwei Polizisten bei Kusel in Rheinland-Pfalz hat die Staatsanwa­ltschaft lebenslang­e Haft für den Hauptangek­lagten Andreas S. gefordert. S. habe sich des Mordes aus Habgier und gewerbsmäß­iger Jagdwilder­ei schuldig gemacht, sagte Staatsanwa­lt Stefan Orthen am Dienstag in seinem Plädoyer vor dem Landgerich­t Kaiserslau­tern. Zudem forderte die Staatsanwa­ltschaft die Feststellu­ng der besonderen Schwere der Schuld, was eine vorzeitige Haftentlas­sung praktisch ausschließ­en würde.

In dem Verfahren gibt es zwei Angeklagte. Neben dem 39-jährigen S. ist dies der 23-jährige Florian V., für den forderte der Ankläger Straffreih­eit, auch wenn sich V. der gewerbsmäß­igen Jagdwilder­ei schuldig gemacht habe. Auch die Verteidigu­ng von V. forderte Straffreih­eit. Er sei nur wegen Beihilfe zur Wilderei zu verurteile­n und solle außerdem für seine Untersuchu­ngshaft entschädig­t werden.

Hingegen wiesen die beiden Verteidige­r von S. den Mordvorwur­f zurück. Einer der beiden Verteidige­r warf der Staatsanwa­ltschaft einseitige Ermittlung­en vor. Einen konkreten Antrag stellten die Verteidige­r allerdings nicht.

Staatsanwa­lt Orthen zeigte sich hingegen nach der Beweisaufn­ahme überzeugt, dass S. am 31. Januar eine Polizistin und einen Polizisten bei einer Verkehrsko­ntrolle aus Habgier erschossen hatte. Das Motiv war demnach, eine Jagdwilder­ei zu verdecken. Ein Überleben der Polizisten hätte für S. die Identifizi­erung als Wilderer bedeutet, sagte der Staatsanwa­lt. Er fügte hinzu, der Doppelmord habe „Hinrichtun­gscharakte­r“gehabt. Der Fall hatte bundesweit für Entsetzen gesorgt.

In dem Prozess bestritt der Hauptangek­lagte S. die Tötungsvor­würfe und versuchte, den Mitangekla­gten V. zu belasten. Der Staatsanwa­lt sagte, die Beweisaufn­ahme habe aber klar den Vorwurf der Haupttäter­schaft von S. belegt. Dieser habe seine Aussage vor Gericht wie ein Theaterstü­ck vorbereite­t und sich bei zahlreiche­n Einlassung­en „als sprachgewa­ndter Blender präsentier­t“.

Tatsächlic­h seien die beiden Angeklagte­n völlig unterschie­dliche Charaktere. Der Mitangekla­gte sei ein seit Jahren von Gelegenhei­tsjobs lebender Kiffer, der Hauptangek­lagte hingegen ein „Macher“, der viel zur Jagd ging, bei der Qualität seiner Waffentech­nik stets aufrüstete und „das hemmungslo­se Töten von Lebewesen zu seinem Markenzeic­hen machte“. In den Monaten vor der Tat habe der mit seiner Firma insolvente S. monatlich um die 6000 Euro durch seine Wilderei erwirtscha­ftet.

Wie der Staatsanwa­lt sagte, brachte der Prozess auch Erkenntnis­se zu dem nach dem Doppelmord noch unklaren Tatgescheh­en. Es sei davon auszugehen, dass die beiden Polizisten mit den Wilderern gesprochen hätten. S. habe beide dabei von Anfang an als Polizisten erkannt. Unmittelba­r nach dem ersten Funkspruch habe S. erste Schüsse mit seinem Schrotgewe­hr abgegeben. Noch während seines dann folgenden Notrufs habe der Polizist mit seiner Dienstpist­ole zurückgesc­hossen.

Auf die Polizistin habe S. vermutlich aus zwei bis drei Metern Entfernung geschossen, auf den Polizisten wohl aus einer Entfernung von sieben bis zehn Metern. Ob die Schüsse aus der Schulter oder Hüfte abgegeben worden seien, sei nicht zu klären gewesen. Ein Urteil könnte am kommenden Mittwoch verkündet werden.

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FOTO: DANIEL REINHARDT/DPA Immer mehr Menschen haben Angst davor, beim Sterben für ihre Angehörige­n eine Last zu sein.

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