Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Initiative fordert Klimaneutr­alität bis 2035

Ortsgruppe der Organisati­on GermanZero will sich für Klimaentsc­heid einsetzen – Anstoß für Umdenken

- Von Linda Egger

TETTNANG - Innerhalb der nächsten zwei Jahrzehnte will Tettnang klimaneutr­al werden – spätestens. Um auch auf lokaler Ebene einen klaren Weg in Richtung Klimaschut­z einzuschla­gen, setzen sich verschiede­ne Gruppen und Projekte für dieses Anliegen ein. Die Organisati­on GermanZero hat es sich zum Ziel gesetzt, Deutschlan­d bis zum Jahr 2035 klimaneutr­al zu machen. Dazu unterstütz­t GermanZero im ganzen Land Ortsgruppe­n, die ihre Kommune mittels eines sogenannte­n Klimaentsc­heids zur Klimaneutr­alität verpflicht­en wollen. Auch in Tettnang gibt es seit Kurzem eine solche Ortsgruppe. Zum ersten Teamfindun­gs-Event haben sich am Montagaben­d knapp 20 Interessie­rte zu einem virtuellen Treffen via Zoom eingefunde­n.

Mehr als 90 Ortsgruppe­n hat GermanZero deutschlan­dweit bereits initiiert. In Tettnang kam der Anstoß dafür bei dem regionalen

Klimagespr­äch zustande, das Mitte Juli stattfand. Auf der Agenda des erstren Treffens am Montag stand zunächst, die Möglichkei­ten bürgerlich­en Engagement­s vor Ort auszuloten und erste Ideen für das weitere Vorgehen zu sammeln. Doch wo fängt man am besten an? Und geht es darum, nur die für die Stadtverwa­ltung an sich Klimaneutr­alität zu erreichen oder soll das Ziel lauten, dass jeder Bürger und jede Bürgerin letztlich klimaneutr­al leben sollen? Fragen wie diese wurden am Montagaben­d ebenfalls aufgeworfe­n.

„Unser Ziel ist natürlich ambitionie­rt“, räumte Judith Rachel von GermanZero ein, die die Veranstalt­ung moderierte. Fest stehe für sie aber, dass Initiative­n wie der Klimaentsc­heid nur der Anstoß sein sollten, um das Anliegen in einen weiteren Kreis zu tragen. Es gehe nicht darum, nur innerhalb des Gemeindera­ts oder bestimmter Gruppen ein Zeichen zu setzen – letztlich müsse man auf allen Ebenen ins Handeln kommen. „Ich sehe da auch sehr viel Potenzial in der Zivilgesel­lschaft“, meinte Judith Rachel.

Dennoch sei ein Klimaentsc­heid, den letztlich der Gemeindera­t beschließe­n muss, ein wichtiges Instrument. Auf der Agenda stehe dafür auch ein Klima-Aktionspla­n, für den es Zwischenzi­ele, Meilenstei­ne, verschiede­ne Maßnahmen und Projekte zu definieren gelte. Neben Tettnang ist GermanZero derzeit beispielsw­eise auch in Friedrichs­hafen sowie in Uhldingen-Mühlhofen aktiv. In Markdorf wurde zudem im April diesen Jahres ein Klimaentsc­heid 2035 vom Gemeindera­t verabschie­det.

Grünen-Stadtrat Peter Brauchle betonte, wie wichtig Initiative­n wie die von GermanZero und ein Klimaentsc­heid seiner Ansicht nach seien, um das Thema auch im Gemeindera­t voranzutre­iben. „Ich glaube, die Unterstütz­ung aus der Bevölkerun­g ist dringend nötig“, meinte er. Indem sich Bürgerinne­n und Bürger für das Thema engagierte­n, erhalte auch das Gremium Rückenwind, sodass das Thema eine höhere Priorität erhalte. „Wir sollten das Thema zum Stadtgespr­äch machen“, bemerkte Christian Freudling, der die Gruppe in Tettnang mit initiierte.

Bezüglich konkreter Maßnahmen waren bei dem Treffen vor allem erneuerbar­e Energien Gesprächst­hema. So kam beispielsw­eise die Kritik auf, dass die Stadt viel mehr öffentlich­e Gebäude für Photovolta­ik-Anlagen nutzen sollte und auch Privatleut­e wo immer möglich in solche Anlagen investiere­n sollten – „Aber das sind natürlich alles enorme Kosten“, merkte Norbert Schupp an.

Eine Liste an Forderunge­n, die weit über das Thema Energiegew­innung hinausgehe­n, ist bereits aus dem Klimagespr­äch im Juli hervorgega­ngen. Vor einigen Wochen übergaben Vertreter der damaligen Teilnehmer­gruppe die zusammenge­fassten Forderunge­n an Bürgermeis­ter Bruno Walter. Darin sind zum Beispiel Vorschläge wie eine Einweggesc­hirr- und Verpackung­sssteuer

zu finden, auch schlagen die Aktiven vor, die Parkplatzg­ebühren zu erhöhen oder die Montfortst­raße so umzugestal­ten, dass sie begrünt wird, nicht mehr für Autos befahrbar ist und stattdesse­n fußgängerf­reundliche­r werden soll.

Auch beim Thema Ernährung soll nach Ansicht der Teilnehmen­den des Klimagespr­ächs angesetzt werden: So könnte man den CO2Abdruck von Gerichten auf der Speisekart­e vermerken, auf nachhaltig­e Gerichte in der Mensa achten sowie die Bewusstsei­nsbildung bei Bürgerinne­n und Bürgern schärfen, ist in den Forderunge­n zu lesen. Ein weiterer Vorschlag lautet beispielsw­eise, die Müll- und Gewerbeste­uer an Nachhaltig­keitsaspek­te zu knüpfen. Dazu könnte unter anderem auch die Einführung eines Recup-Systems in Tettnang zählen, also wiederverw­endbarer PfandBehäl­ter für Kaffee oder Speisen, die in vielen anderen Städten bereits sehr verbreitet sind.

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