Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Musik, die das Innere berührt
Ungewöhnlicher Konzertabend mit „The Twiolins“im Rittersaal
TETTNANG - Mit den „Twiolins“hat am Sonntagabend beim Internationalen Schlosskonzert ein AusnahmeDuo ein absolutes Ausnahmekonzert geboten. Doch während sich anderswo die Säle bei Musikveranstaltungen wieder füllen, hält die Flaute im Tettnanger Rittersaal weiter an. Wie vor den derzeitigen Krisen bleiben viele Plätze frei, auch bei exquisiten Konzerten.
Seit Jahren feiert das Geschwisterpaar Marie-Luise und Christoph Dingler als Violinduo „The Twiolins“weltweit Erfolge. Allein schon die souveräne Beherrschung ihrer Instrumente, die Poesie, Geschmeidigkeit und Kraft ihres Spiels und die Harmonie ihres Zusammenspiels wären den Besuch wert gewesen. Ebenso das ungewöhnliche von Christoph Dingler zusammengestellte und arrangierte Programm mit dem Thema „Secret Places“. Im Gegensatz zu den aus Fotobüchern bekannten „lost places“sind die
„secret places“, die geheimnisvollen Orte, tief im Innern eines Jeden.
Die Geschwister stehen fast immer mit geschlossenen Augen auf der Bühne, den Blick ganz nach innen gerichtet, und lassen ihre Bögen in atemberaubendem Tempo über die Saiten tanzen. Im Halbdunkel liegt der Saal, nur das Duo steht im Licht, sodass jede noch so feine Bewegung in den Gesichtern abzulesen ist. Die gespielten Stücke sind die Preisträgerstücke aus dem Crossover Composition Award von 2015, einem alle drei Jahre stattfindenden Kompositionswettbewerb, den die Twiolins ins Leben gerufen haben. Komponisten aus ganz Europa, aus Israel und den USA haben dabei neue Dimensionen der Kammermusik erkundet.
Zeitgenössische Musik wird gern mit gewöhnungsbedürftigen Klängen assoziiert – nichts davon bei diesem Konzert, wo gewagte Klangkombinationen sich mit betörenden Melodien verbinden. Dominantes Pizzicato trifft auf sanfte, sich vom
Hauchzarten ins Forte steigernde Streicherbewegungen, begleitet vom Spiel der Schatten an der Rückwand. Spannend ist, die Bewegungen zu verfolgen. Oder man schließt die Augen und genießt den Wohlklang.
Nach kurzen Erläuterungen folgt ein Werk, das mit Besonderheiten der indischen Musik aufwartet. Es klingt keineswegs fremd, wirkt irgendwie vertraut. Selten hat man die suggestive Kraft der Musik, die Wirkung auf das Innere so intensiv gespürt. Titel wie „Metamorphosis“, „Rock you versus Ballerina“, „Durch Laub und Wolken unter Nacht“oder „Rainy Day“geben mögliche Hinweise, wie bei abstrakten Bildern –man kann sie aber auch außen vor lassen, sich einfach auf die Musik einlassen.
Als Zugabe des begeistert aufgenommenen, außergewöhnlichen Abends entführte das Duo in Vivaldis Jahreszeiten, für zwei Violinen arrangiert. Auch das mit Bravour gespielt und vertraut. Musik, die ins Innere trifft, jeden berührt.