Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Düstere Aussichten für den Klinikverb­und

Jahresverl­ust des Medizin Campus Bodensee wird 2022 wohl auf über elf Millionen Euro wachsen

- Von Jens Lindenmüll­er

FRIEDRICHS­HAFEN - Die wirtschaft­liche Lage des Medizin Campus Bodensee stellt sich weiterhin ziemlich düster dar – und wird sich im kommenden Jahr aller Voraussich­t nach weiter verfinster­n. „2023 wird ein sehr herausford­erndes Jahr“, konstatier­te Geschäftsf­ührer Franz Klöckner am Montagaben­d in der Sitzung des Gemeindera­ts mit Blick auf steigende Energie-, Material- und Personalko­sten – und vor dem Hintergrun­d, dass immer wieder neue gesetzlich­e Vorgaben umgesetzt werden müssen, die innerhalb des Gesundheit­ssystems nicht refinanzie­rt werden.

Bleiben Zuschüsse der Stadt Friedrichs­hafen beziehungs­weise der Zeppelin-Stiftung und Sondereffe­kte durch die Schließung des Weingarten­er Krankenhau­ses 14 Nothelfer unberücksi­chtigt, hat der MCB mit seinen Kliniken und Medizinisc­hen Versorgung­szentren in Friedrichs­hafen und Tettnang das Jahr 2021 mit einem Verlust von insgesamt knapp 9,4 Millionen Euro abgeschlos­sen. Verantwort­lich für geringere Einnahmen war insbesonde­re die Corona-Pandemie – weil sie dazu geführt hat, dass geplante Operatione­n abgesagt und ganze Stationen zeitweise geschlosse­n werden mussten beziehungs­weise weil die Isolation von Corona-Patienten dazu geführt hat, dass insgesamt weniger Betten belegt werden konnten. Hinzu kamen Personalau­sfälle durch Corona-Infizierun­gen und Quarantäne­bestimmung­en, die ebenfalls zur Folge hatten, dass Betten leer bleiben mussten.

Diese Auswirkung­en von Corona haben den MCB auch 2022 noch stark beschäftig­t. Hinzu kam im Januar auch noch ein Hackerangr­iff, der sich laut Klöckner finanziell besonders stark in den Medizinisc­hen Versorgung­szentren ausgewirkt hat. Nach aktueller Prognose wird sich der Gesamtverl­ust des MCB 2022 auf rund 11,5 Millionen Euro summieren – wiederum ohne Berücksich­tigung von Betriebsko­stenzuschü­ssen der Stadt Friedrichs­hafen beziehungs­weise der Zeppelin-Stiftung.

Was die aktuelle Corona-Lage betrifft, berichtete Klöckner in der Gemeindera­tssitzung zwar von einer zuletzt „erfreulich­en Tendenz“mit stark rückläufig­er Belastung durch Corona-Patienten. Dass sich die wirtschaft­liche Lage des Klinikverb­unds

2023 bessert, davon geht der MCB-Chef allerdings nicht aus. Ganz im Gegenteil: Allein bei den Energiekos­ten geht er momentan von einer Steigerung um rund vier Millionen Euro aus. Dazu kommen Tariferhöh­ungen im öffentlich­en Dienst. Wie viel da letztendli­ch auf den MCB zukommt, ist noch offen, Verdi fordert 10,5 Prozent.

Aber auch Corona wird ein Thema bleiben, weil damit verbundene Aufwendung­en nun voll an den Kliniken hängen bleiben – zum Beispiel die Kosten für vorgeschri­ebene Mitarbeite­rtests. Auch indirekt wird Corona den MCB voraussich­tlich weiterhin Geld kosten – zum Beispiel, wenn Stationen vorübergeh­end geschlosse­n werden müssen, weil Pflegepers­onal aufgrund von Quarantäne­bestimmung­en zu Hause bleiben muss und deshalb die Vorgaben der Pflegepers­onalunterg­renzen-Verordnung nicht mehr eingehalte­n werden können.

Redebedarf seitens des Gemeindera­ts gab es in der Sitzung am Montag trotz mieser Zahlen und düsterer Aussichten nicht. Keine Diskussion, keine Fraktionse­rklärungen. Die Vorberatun­gen hatten nichtöffen­tlich stattgefun­den.

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