Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Plötzlich steht eine Gedenkstele in Kehlen
Eugen Lehle freut’s: In Würdigung des Ortschaftsrates finden sich Stein, Tafel und Inschrift
MECKENBEUREN - Der Schalk im Nacken ist einmal mehr bei Eugen Lehle aufgeblitzt: Unter „Verschiedenes“dankte der Gemeinderat der Freien Wähler am Ende der öffentlichen Sitzung der Verwaltung dafür, dass sie in Kehlen heimlich eine Stele aufstellen ließ. Was dazu führte, dass die Augen auf der Verwaltungsbank teilweise groß wurden – offenbar wusste der Zeitpunkt selbst den Bürgermeister zu überraschen...
Was war geschehen? Die Rückblende reicht bis ins Jahr 1972, als sich die zuvor eigenständigen Gemeinden Kehlen und Meckenbeuren zusammenschlossen. Was ein halbes Jahrhundert her ist und daher passend, dass der geschmackvolle weiße Stein mit schwarzer Tafel noch vor dem Jahresende gesetzt wurde. Allerdings hatte sich das Vorgehen des beauftragten Handwerksbetriebs offenbar nicht allzu weit herumgesprochen. Eugen Lehle jedoch wusste davon, zumal er sich verewigt findet – als Rat im letzten Kehlener Ortsgremium (siehe Info-Punkt).
2012 hatte der Ortschaftsrat die eigene Auflösung bewilligt, die zum 25. Mai 2014 wirksam wurde. Der Tenor damals: „Vorgaben und Ziele wurden in vollem Umfang vom Ortschaftsrat abgearbeitet“, hatte sich Franz Assfalg bei der letzten Sitzung des Ortschaftsrates 2012 auf das Erreichte in puncto Schule, Kindergarten und Feuerwehr bezogen – auch wenn manch anderes noch nicht erfüllt sei (worunter damals eine Unterführung in Gerbertshaus für Fußgänger und Radler ebenso genannt wurde wie der BOB-Haltepunkt für Buch oder der Radwegebau zwischen Reute und Pfingstweid).
Im Jahr vor der Auflösung hatte Kehlens Ortschaftsrat auf der Grünfläche am DGH-Parkplatz einen Ahornbaum gepflanzt, zu dem neun Jahre später Stele und Platte mit Inschrift hinzutraten. Noch in der Zeit von Bürgermeisterin Elisabeth Kugel (2018 bis Juni 2022 im Amt) war die Idee aufgekommen, dass die Würdigung am Dorfgemeinschaftshaus mit einer Stele samt Erläuterung geschehen soll. Damit sich ein passendes Gesamtbild ergibt, war der Text mit dem langjährigen Ortsvorsteher Franz Assfalg abgestimmt worden, hieß es aus dem Rathaus. Stammt die Tafel von der Kunstschmiede Hafen, so ist der Stein gefertigt und gespendet durch die ebenfalls ortsansässige Firma Meschenmoser.
In der Ratssitzung kam in dem Zusammenhang ein zweiter Baum zur Sprache – jener vor dem Südeingang des Rathauses in Buch. Der Kirschbaum war am 16. April 2021 gepflanzt worden, und auch hier kam in diesem Herbst eine Tafel hinzu.
Die Inschrift auf der Platte erinnert an die Opfer der Corona-Pandemie, sie tut dies mit Heinrich Heines Gedicht „Neuer Frühling“von 1844, das mit den Zeilen endet: „Welch ein schauersüßer Zauber! Winter wandelt sich in Maie, Schnee verwandelt sich in Blüten, Und dein Herz, es liebt aufs neue.“
Gepflanzt wurde der Kirschbaum am 16. April 2021 bei einer Feierstunde. „Ein Baum steht auch immer für Standfestigkeit im Sturme des Lebens und unaufhaltsames Wachstum trotz harten Wintern und trockenen Sommern. Ein Baum verbindet Himmel und Erde", unterstrich Elisabeth Kugel damals.
Von zwölf Toten und mehr als 400 Infizierten in der Gemeinde war im Frühjahr 2021 die Rede. Diese Zahl wurde bis Ende Juli 2022 fortgeschrieben. Zum Datum 20. Juli 2022 waren demnach in Meckenbeuren 5089 Fälle erfasst. Sie trugen zu den 80 323 im Bodenseekreis bei, die labordiagnostisch bestätigt sind.
2021 hatte es erstmals deutschlandweit einen Gedenktag für die Coronatoten gegeben. Meckenbeuren setzte mit der Baumpflanzung ein eigenes lokales Zeichen – auch dergestalt, dass die Fahnen vor dem Rathaus am 18. April auf Halbmast wehten. Was zugleich an den Todestag von Dr. Josef Sauter erinnert: Der langjährige Gemeinderat war eines der ersten Opfer der Pandemie und am 18. April 2020 verstorben.
Der Inschrift sind die Namen der Kehlener Ortsvorsteher zu entnehmen – mit Karl Brugger (1972-81), Franz Maier (1981-89) und Franz Assfalg (1989-2014). Letzterer hatte dem Ortschaftsrat auch im Jahr der Auflösung angehört, zusammen mit Franz Baier, KarlHeinz Endrass, Eugen Lehle, Engelbert Sachs, Angela Stofner Michael Vorrath, Fritz Weber, Gerlinde Wiencirz.