Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Gold als Rückenwind
Skilangläuferinnen Hennig und Carl wollen mehr
KÖLN (SID) - Katharina Hennig hat ihre Goldmedaille in der heimischen Vitrine ausgestellt, Victoria Carl geht dagegen auf Nummer sicher. „Die ist mir einfach zu wertvoll. Außerdem bekommt sie so leicht Schläge“, sagt die Skilangläuferin und lacht. Die Erinnerung an den Sensationscoup von Peking bleibt daher gut verpackt, Motivation für die am Wochenende beginnende Saison ist das unverhoffte Edelmetall dennoch.
„Wir nehmen dieses Gold als Rückenwind“, sagt Hennig. Gemeinsam hatten die „Golden Girls“im Februar völlig unerwartet im Teamsprint triumphiert, zudem Silber mit der Staffel geholt und ihre Sportart so aus einem jahrelangen Tal geführt. Doch wenn am Freitag im finnischen Kuusamo der WM-Winter beginnt, soll endlich auch im Tagesgeschäft der nächste Schritt gelingen.
Die 26 Jahre alte Hennig etwa hat im Weltcup erst dreimal ein Einzelpodest erreicht. Niemand könne also nun erwarten, „dass ich jetzt permanent aufs Treppchen renne“, betont die Sächsin: „Den Schritt muss ich einfach noch gehen, das Niveau hab ich noch nicht.“Eine Corona-Erkrankung im Herbst dämpfte zudem die Erwartungen.
Für Mitstreiterin Carl ist bislang sogar ein sechster Platz das beste Einzelergebnis im Weltcup. Doch nun will die 27-Jährige den Olympiaschwung nutzen. „Ich möchte diese Saison den nächsten Step machen. Und dazu gehört auch, im Weltcup mal eine Podiumsplatzierung zu schaffen. Darauf habe ich im ganzen Sommer hingearbeitet“, sagt Carl.
Die Chancen stehen gut: Weil Norwegens Dauersiegerin Therese Johaug ihre Karriere beendet hat und Tour-de-Ski-Gewinnerin Natalja Neprjajewa wegen der Sperre russischer Sportler fehlt, ist die Konkurrenz kleiner geworden. Peter Schlickenrieder bleibt aber bescheiden. „Ich würde die Erwartung bremsen. Langlauf geht nicht in Meilenstiefeln“, sagt der Bundestrainer.
Und dennoch ist Schlickenrieder zufrieden, nicht zuletzt mit Hennig. „Die könnte sich auch zurücklehnen und sagen: Ich bin Olympiasiegerin, was wollt ihr eigentlich von mir?“, sagt der Bayer. Stattdessen zeige Hennig „viel Ehrgeiz, manchmal fast zu viel“. Aber: Mitte November gewann Hennig das Testrennen im finnischen Muonio über zehn Kilometer vor der Olympiadritten Krista Pärmäkoski aus Finnland.
Die Form stimmt also, trotz der unfreiwilligen Corona-Pause. Und die erste Trophäe hat Hennig auch schon erhalten: Ende Oktober wurde sie als erste Langläuferin zu Deutschlands Skisportlerin des Jahres gewählt – vor Stars wie Skispringer Karl Geiger, Biathletin Denise HerrmannWick oder Kombinierer Vinzenz Geiger.
Diese Auszeichnung sei „eine riesige Motivation“für den langen Weg zur WM in Planica Ende Februar, sagt Katharina Hennig. Dort will sie wieder abliefern, ihr Fokus liegt daher schon jetzt voll auf dem Großereignis. Warum auch nicht? „Letztes Jahr hat das ja ganz gut funktioniert“, so Hennig.