Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Hebammen sollen an Kliniken bleiben
Lauterbach rudert bei Finanzierung von Geburtshilfe in Krankenhäusern zurück
BERLIN - „Sehr erleichtert“zeigt sich der Deutsche Hebammenverband (DHV), dass Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) seine Haltung zur Finanzierung von Klinikhebammen revidiert hat. Man begrüße es sehr, dass der Minister „die Fehlentwicklungen in der Finanzierung der klinischen Geburtshilfe offensichtlich zeitnah korrigieren will“, so Präsidentin Ulrike GeppertOrthofer. „Nur so können die notwendigen Hebammenstellen erhalten werden, bis eine umfassende Reform greift.“
Ein erst Ende Oktober beschlossenes Gesetz hätte nämlich ab 2025 dazu führen können, dass Kliniken fest angestellte Hebammen entlassen – weil Pflegekräfte auf den Stationen voll von den Kassen bezahlt werden, Hebammen aber nicht. Ein weiteres Problem sind die aktuell gültigen Personaluntergrenzen. Auf einer Wochenstation dürfen Hebammen maximal zehn Prozent ausmachen, also erst bei neun Pflegekräften darf es zusätzlich eine Hebamme geben. Laut DHV hat das dazu geführt, dass viele Hebammen ihre Verträge nicht verlängert bekamen.
Beide Punkte will das Ministerium nun per Gesetz ändern. Hebammenstellen sollten „auskömmlich vergütet“werden. „Auf dem Rücken der Hebammen sollen Krankenhäuser nicht sparen können“, so Lauterbach. Wann das genau passiert, ist noch unklar. Dass der Bundesgesundheitsminister so schnell seine Meinung geändert hat, dürfte wohl auch an einer Onlinepetition gelegen haben, die vor den Folgen des Gesetzes gewarnt hatte und von 1,6 Millionen Menschen unterstützt wird.
Die Krankenkassen, die den Klinikaufenthalt wegen einer Entbindung
bezahlen, sind sich jedoch wohl noch nicht recht sicher, was sie von der Kehrtwende Lauterbachs halten sollen.
„Jede Frau soll während der Geburt eine Hebamme an ihrer Seite haben. Dies sicherzustellen, ist eine zentrale Aufgabe der Gesundheitspolitik“, betont zwar Florian Lanz, Sprecher des Spitzenverbandes aller 97 Krankenkassen. „Die jetzt angekündigten Maßnahmen werden sich aber daran messen lassen müssen, ob mit ihnen dieses Ziel im Rahmen einer bedarfsgerechten Weiterentwicklung der Krankenhausversorgung erreicht werden kann.“
In der Bundesrepublik gibt es laut DHV rund 26.000 Hebammen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes leisten davon 11.500 Geburtshilfe in Krankenhäusern. Davon seien 88 Prozent fest angestellt, 12 Prozent sind sogenannte Belegkräfte. Beleghebammen arbeiten zwar freiberuflich, haben aber mit bestimmten Kliniken Verträge geschlossen und können deren Kreißsäle nutzen. Frauen können mit ihrer Beleghebamme zur Geburt in die Klinik kommen.
Im Krankenhaus angestellte Hebammen arbeiten dagegen meist im Schichtdienst. Laut Statistik bietet nur noch ein Drittel der Krankenhäuser Geburtshilfe an – 1991 war es noch jede zweite Klinik gewesen.