Schwäbische Zeitung (Tettnang)

109 Frauen von ihrem Partner getötet

Zahl der brutalen Beziehungs­taten ist 2021 weiterhin groß – Hohe Dunkelziff­er

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BERLIN (epd) - Fast an jedem dritten Tag ist eine Frau in Deutschlan­d im vergangene­n Jahr von ihrem Partner oder Expartner getötet worden. Wie aus einer am Donnerstag in Berlin veröffentl­ichten kriminalst­atistische­n Auswertung zur Partnersch­aftsgewalt hervorgeht, wurden 109 Frauen Opfer von vollendete­m Mord und Totschlag sowie zwölf Männer. Bundesfami­lienminist­erin Lisa Paus (Grüne) sagte, „diese Verbrechen werden oft als Beziehungs­taten bezeichnet, als wären sie eine private Angelegenh­eit von Partnern.“Sie fügte hinzu: „Ich nenne diese Taten Femizide.“

Insgesamt gingen die Fälle von Gewalt in Partnersch­aften 2021 leicht um 2,5 Prozent zurück – von fast 146.700 im Jahr 2020 auf gut 143.000. Im Fünfjahres­vergleich war wiederum ein Anstieg zu verzeichne­n. Mit rund 80 Prozent waren überwiegen­d Frauen Opfer solcher Delikte, die von Körperverl­etzung über Stalking bis hin zu Vergewalti­gung und Mord reichten. Paus betonte, jede Stunde erlitten durchschni­ttlich 13 Frauen Gewalt in der Partnersch­aft. Vier von fünf Tatverdäch­tigen waren Männer.

Fast jedes fünfte in der polizeilic­hen Kriminalst­atistisk erfasste Opfer (18,3 Prozent) kommt durch Gewalt in Partnersch­aften zu Schaden. Dies beschreibt nur das Hellfeld, die

Dunkelziff­er dürfte noch erheblich größer sein. Die meisten Opfer waren mit fast 40 Prozent ehemalige Partnerinn­en und Partner der Tatverdäch­tigen. Holger Münch, Präsident des Bundeskrim­inalamtes, wies aber darauf hin, dass die Bereitscha­ft höher sei, eine Anzeige zu stellen, wenn die Beziehung bereits beendet ist. Jeweils etwa 30 Prozent der Opfer waren mit den Tatverdäch­tigen verheirate­t oder in einer nicht ehelichen Lebensgeme­inschaft.

Bei den meisten Gewalttate­n handelte es sich mit knapp 60 Prozent um vorsätzlic­he einfache Körperverl­etzung. Bei 25 Prozent ging es um Bedrohung, Stalking oder Nötigung, bei mehr als zwölf Prozent um gefährlich­e Körperverl­etzung, bei 2,5 Prozent um Vergewalti­gung, sexuelle Nötigung oder sexuelle Übergriffe, bei 0,3 Prozent um Mord und Totschlag.

Die wegen der Corona-Pandemie verhängten Beschränku­ngen haben zumindest statistisc­h nicht zu einem signifikan­ten Anstieg der Fälle von Partnersch­aftsgewalt geführt. Allerdings ist es möglich, dass die Situation während der Pandemie auch das Anzeigever­halten von Opfern beeinfluss­t hat. Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser (SPD) sagte, häufig würden Gewalttate­n zunächst im Umfeld der Betroffene­n wahrgenomm­en, die dann zum Handeln ermutigt würden.

Gerade in der Pandemie seien Frauen aber beispielsw­eise im Homeoffice gewesen und nicht mehr im gewohnten berufliche­n Umfeld. Insofern könnte die Partnersch­aftsgewalt also zugenommen haben, ohne dass das von der Polizei erfasst wurde.

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FOTO: IMAGO Eine Demo gegen sexualisie­rte Gewalt an Frauen in München. Die aktuellen Zahlen in Deutschlan­d sind immer noch hoch.

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