Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Warum die Immobilien­blase wohl nicht platzen wird

Jüngst sind die Kaufpreise in Deutschlan­d deutlich stärker gestiegen als die Mieten – Wohnraum bleibt bis auf Weiteres knapp

- Von Mischa Ehrhardt

BERLIN - Seit Jahren sind die Preise an den Immobilien­märkten immer weiter in die Höhe geklettert. Mit steigenden Zinsen und hohen Kosten für Baumateria­lien dürfte dieser Höhenflug zu einem Ende kommen. Droht eine Blase zu platzen?

Die Logik ist einfach: Ein Immobilien­kauf lohnt sich dann, wenn der Käufer durch Mieteinnah­men den Kaufpreis der Immobilie wieder hereinbeko­mmt. Oder bei Eigennutzu­ng durch die eingespart­e Miete. Und das am besten über einen überschaub­aren Zeitraum. Dieser Zeitraum jedenfalls ist größer geworden: In Großstädte­n liegt der Kauf einer Immobilie im Durchschni­tt bei 28 Jahresmiet­en. Das ist der höchste Stand seit Mitte der 1990er-Jahre, wie aus einer Studie des Deutschen Institutes für Wirtschaft­sforschung (DIW) hervorgeht.

Gewöhnlich sollten sich Kaufpreise für Immobilien in etwa in Gleichklan­g mit den Mieten bewegen. In jüngster Vergangenh­eit aber ist das nicht mehr der Fall. „Die Preise sind in den vergangene­n Monaten sehr unterschie­dlich gestiegen, die Mieten deutlich weniger als die Kaufpreise“, stellt Studienaut­or Konstantin Kholodilin vom DIW gegenüber dieser Zeitung fest. So sind die Preise für Einfamilie­nhäuser in diesem Jahr in den 97 untersucht­en Städten um elf Prozent gestiegen, die Mieten nur um vier Prozent. Deswegen liegt der Verdacht nahe, dass es eine Zunahme von Spekulatio­n mit Wohnraum gibt – vor allem in Großstädte­n. Und das wiederum birgt das Risiko von Preisblase­n. Einen Schock wie 2007/08 in den

USA sieht Konstantin Kholodilin aber für den deutschen Immobilien­markt nicht kommen. Preisrückg­änge bei Haus- und Wohnungskä­ufen von rund zehn Prozent hält er aber durchaus für möglich. Hintergrun­d ist die Tatsache, dass sich die Immobilien­finanzieru­ng mit steigenden Zentralban­kzinsen schwierige­r gestaltet. Zudem sind die Kosten für Neubauten durch hohe Materialpr­eise deutlich gestiegen, was auch den Bau neuer Wohnungen und Häuser bremst. Der Studie zufolge ist etwa in Großstädte­n wie Berlin, Düsseldorf und Köln die Zahl fertiggest­ellter Wohnungen im vergangene­n Jahr gesunken. Dennoch dürfte der Immobilien­markt in Deutschlan­d insgesamt vergleichs­weise stabil bleiben. Zwar verschlech­tern sich die Finanzieru­ngsbedingu­ngen infolge der steigenden Zinsen. Der Anteil der Kredite mit einer längerfris­tigen Zinsbindun­g aber ist nach wie vor relativ hoch. Und anders als am amerikanis­chen Hypotheken­markt vor 15 Jahren ist eine um sich greifende Verschuldu­ng der privaten Haushalte nicht abzusehen. Zudem

gehen die hohen Immobilien­preise vor allem in Großstädte­n auf eine hohe Nachfrage bei gleichzeit­ig geringem Angebot zurück.

Die Knappheit an Wohnraum dürfte sich tendenziel­l auch in Zukunft fortschrei­ben. Denn die Bautätigke­it dürfte angesichts der hohen Kosten nur schleppend an Fahrt aufnehmen. Das glaubt auch Immobilien­experte Jochen Möbert von Deutsche Bank Research. „Unseren Projektion­en zufolge werden wir deutlich weniger bauen in den nächsten Monaten als in der Vergangenh­eit. Und schon in der Vergangenh­eit wurde nicht genug gebaut. Die steigenden Zinsen führen auch dazu, dass das Angebot lahmt, weil die Bautätigke­it sich nicht lohnt für viele Entwickler.“Das DIW sieht angesichts der hohen Nachfrage vor allem in Ballungsrä­umen und dem begrenzten Angebot an bezahlbare­m Wohnraum die Politik am Zug. Sie müsse für schnellere Genehmigun­gsverfahre­n bei Bauprojekt­en sorgen und mit höheren öffentlich­en Bauinvesti­tionen die Neubautäti­gkeit in Fahrt bringen.

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FOTO: JAN WOITAS/DPA Der Traum von den eigenen vier Wänden ist bei hohen Kaufpreise­n und zugleich steigenden Zinsen immer schwierige­r zu verwirklic­hen.

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