Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Wie ein Kunstwerk auf der Weinflasch­e landet

Winzer Josef Hornstein und Künstler Leon Löwentraut geben zusammen Grand Cuvée heraus

- Von Isabel de Placido

NONNENHORN - Wein bringt Menschen und Kunst zusammen, sagen Josef Hornstein und Leon Löwentraut. Der eine ist Winzer in Nonnenhorn, der andere Künstler in Mönchengla­dbach. Ein „Shootingst­ar der Malerei“, der sich zu inszeniere­n weiß, dessen Kunst von der Kunstwelt belächelt, von den Boulevardm­edien gefeiert wird. Jetzt haben die beiden jungen Männer einen Grand Cuvée kreiert.

Der Künstler hätte eigentlich persönlich bei der Präsentati­on des Weins dabei sein wollen. Doch er ist nicht gekommen, weil er am Vorabend erst aus Paris zurückgeke­hrt ist. Ein Livestream macht es möglich, dass Löwentraut dennoch da ist. Auch wenn das mit der Technik immer so eine Sache ist. Als es endlich klappt, ist auf dem Handy von Josef Hornstein ein junger blonder Mann zu sehen, der in Schal und Mantel ganz normal aussieht. Er hat in diesem Moment nur wenig mit den Inszenieru­ngen auf seinem InstagramA­ccount zu tun. Josef Hornstein erklärt, dass ihrer beider Wunsch es war, Wein und Kunst „unter die Leute“zu bringen.

Herausgeko­mmen ist ein Grand Cuvée in limitierte­r Auflage von 6000 Flaschen und zu einem Preis von 29,99 Euro, von denen acht Euro in wohltätige Projekte fließen. Josef Hornstein hat für seine Region die Stiftung Liebenau ausgesucht und mit Verena Rehm und Markus Wursthorn zwei Vertreter jener Institutio­n zur Präsentati­on des Weines eingeladen, die sich um junge Menschen mit Behinderun­gen kümmert. Wem Leon Löwentraut am Niederrhei­n spendet, steht noch nicht fest.

Doch wie kam es dazu, dass sich der Winzer aus Bayern und der Künstler aus Nordrhein-Westfalen zusammentu­n? Ein Künstler, der gleicherma­ßen polarisier­t wie begeistert, und den der Spiegel einmal als den „Picasso aus dem Frühstücks­fernsehen“bezeichnet hat?

Angefangen hat die ganze Geschichte im Februar dieses Jahres. Beide Männer kannten sich bis dahin nicht persönlich. Zum ersten Mal wahrgenomm­en hatte Hornstein den Autodidakt­en, der niemals eine Kunsthochs­chule besucht hat, aber beim Malen gern mal ein Glas Weißwein trinkt, um den richtigen Schwung zu bekommen, als Löwentraut einen Auftritt in der Pro-Sieben-Sendung

„TV-Total“hatte. Damals war Löwentraut gerade mal 16 Jahre alt und malte zusammen mit Moderator Stefan Raab ein Bild. Dies wiederum löste einen Hype um seine Person und seine farbenfroh­e Malerei aus, den Löwentraut mit medienwirk­samen Inszenieru­ngen weiter voran trieb. Seither verfolgte Hornstein den Werdegang des Künstlers „immer so ein bisschen“. „Ich fand das mords interessan­t, wir sind praktisch gleich alt. Er ist 24, ich bin 26.“

Während eines geselligen Abends mit Freunden kam die Sprache auf Kunst im Allgemeine­n und Löwentraut im Besonderen. „Am nächsten Tag habe ich ihm einfach eine Mail geschriebe­n.“Darin hat er ein bisschen von sich erzählt, wer er ist, was er macht und dass er sich eben für Löwentraut und seine Kunst interessie­rt. Wie es der Zufall wollte, war Löwentraut mit seinem Vater, der ihn managt, und seiner Mutter, die ihn coacht, ohnehin auf dem Weg von Zürich nach Innsbruck. Sie entschiede­n sich, einen Abstecher zu Hornsteins Weingut zu machen.

Die Idee von einem gemeinsame­n Wein wurde an jenem Abend geboren, obwohl lediglich ein kurzes Zusammentr­effen geplant war. „Aber dann haben wir uns absolut verplapper­t. Und Wein getrunken, nicht zu knapp“, erinnert sich Hornstein. Im Laufe des Abends haben sie sämtliche Weine des Weinguts verkostet.

Den neuen Grand Cuvée selbst hat freilich der junge Winzer kreiert. Und zwar auf Grundlage eben jener

Rebsorten, die Löwentraut bei der Verkostung am liebsten mochte. Alles andere jedoch ist ein Gemeinscha­ftswerk. Das Bild für das Etikett haben die beiden gemeinsam aus Löwentraut­s Bestand ausgesucht, genauso wie die Flasche. 2,30 auf 1,80 Meter ist das Original groß. Es musste in verschiede­nen Abschnitte­n abfotograf­iert werden, ehe es eingescann­t werden konnte. Danach galt es, einen Hersteller zu finden, der die Ansprüche umsetzen konnte.

Acht Monate hat es von der Idee bis zum Wein in der etikettier­ten Flasche gedauert. Herausgeko­mmen ist ein Grand Cuvée aus Hornsteins besten Weinen des Jahrgangs 2021. Er vereint die Rebsorten Grauburgun­der, Auxerrois und Riesling miteinande­r. „Die beiden Burgunders­orten sind beide schön cremig, sie haben eine langsame Gärung und einen langen Ausbau der Vollhefe“, erläutert Josef Hornstein. Der Wein werde komplett mit der Hefe im Tank gelassen. So werde er cremiger und öliger und bekomme eine schmelzige Note. „Mit dem Riesling ist Säure eingebaut, damit wir am Ende einen schönen Frischekic­k haben“, sagt er.

Mit Löwentraut angestoßen wird nur symbolisch. Er ist der einzige, der keinen Wein in der Hand hält. „Ich bin froh, dass wir endlich mit dem Wein raus sind und das Geld für einen guten Zweck spenden“, sagt Löwentraut und wünscht den Gästen in Nonnenhorn, sie mögen den Abend noch genießen. „Während ich hier gleich wieder loslege im Atelier und meine Session habe, die wieder die ganze Nacht gehen wird.“

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FOTO: ISABEL DE PLACIDO Josef Hornstein lässt sich von Markus Wursthorn erklären, dass die Spendengel­der bei der Stiftung Liebenau sinnvoll aufgehoben sind. Magdalena Hornstein lässt Leon Löwentraut dabei sein.

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