Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Wie ein Kunstwerk auf der Weinflasche landet
Winzer Josef Hornstein und Künstler Leon Löwentraut geben zusammen Grand Cuvée heraus
NONNENHORN - Wein bringt Menschen und Kunst zusammen, sagen Josef Hornstein und Leon Löwentraut. Der eine ist Winzer in Nonnenhorn, der andere Künstler in Mönchengladbach. Ein „Shootingstar der Malerei“, der sich zu inszenieren weiß, dessen Kunst von der Kunstwelt belächelt, von den Boulevardmedien gefeiert wird. Jetzt haben die beiden jungen Männer einen Grand Cuvée kreiert.
Der Künstler hätte eigentlich persönlich bei der Präsentation des Weins dabei sein wollen. Doch er ist nicht gekommen, weil er am Vorabend erst aus Paris zurückgekehrt ist. Ein Livestream macht es möglich, dass Löwentraut dennoch da ist. Auch wenn das mit der Technik immer so eine Sache ist. Als es endlich klappt, ist auf dem Handy von Josef Hornstein ein junger blonder Mann zu sehen, der in Schal und Mantel ganz normal aussieht. Er hat in diesem Moment nur wenig mit den Inszenierungen auf seinem InstagramAccount zu tun. Josef Hornstein erklärt, dass ihrer beider Wunsch es war, Wein und Kunst „unter die Leute“zu bringen.
Herausgekommen ist ein Grand Cuvée in limitierter Auflage von 6000 Flaschen und zu einem Preis von 29,99 Euro, von denen acht Euro in wohltätige Projekte fließen. Josef Hornstein hat für seine Region die Stiftung Liebenau ausgesucht und mit Verena Rehm und Markus Wursthorn zwei Vertreter jener Institution zur Präsentation des Weines eingeladen, die sich um junge Menschen mit Behinderungen kümmert. Wem Leon Löwentraut am Niederrhein spendet, steht noch nicht fest.
Doch wie kam es dazu, dass sich der Winzer aus Bayern und der Künstler aus Nordrhein-Westfalen zusammentun? Ein Künstler, der gleichermaßen polarisiert wie begeistert, und den der Spiegel einmal als den „Picasso aus dem Frühstücksfernsehen“bezeichnet hat?
Angefangen hat die ganze Geschichte im Februar dieses Jahres. Beide Männer kannten sich bis dahin nicht persönlich. Zum ersten Mal wahrgenommen hatte Hornstein den Autodidakten, der niemals eine Kunsthochschule besucht hat, aber beim Malen gern mal ein Glas Weißwein trinkt, um den richtigen Schwung zu bekommen, als Löwentraut einen Auftritt in der Pro-Sieben-Sendung
„TV-Total“hatte. Damals war Löwentraut gerade mal 16 Jahre alt und malte zusammen mit Moderator Stefan Raab ein Bild. Dies wiederum löste einen Hype um seine Person und seine farbenfrohe Malerei aus, den Löwentraut mit medienwirksamen Inszenierungen weiter voran trieb. Seither verfolgte Hornstein den Werdegang des Künstlers „immer so ein bisschen“. „Ich fand das mords interessant, wir sind praktisch gleich alt. Er ist 24, ich bin 26.“
Während eines geselligen Abends mit Freunden kam die Sprache auf Kunst im Allgemeinen und Löwentraut im Besonderen. „Am nächsten Tag habe ich ihm einfach eine Mail geschrieben.“Darin hat er ein bisschen von sich erzählt, wer er ist, was er macht und dass er sich eben für Löwentraut und seine Kunst interessiert. Wie es der Zufall wollte, war Löwentraut mit seinem Vater, der ihn managt, und seiner Mutter, die ihn coacht, ohnehin auf dem Weg von Zürich nach Innsbruck. Sie entschieden sich, einen Abstecher zu Hornsteins Weingut zu machen.
Die Idee von einem gemeinsamen Wein wurde an jenem Abend geboren, obwohl lediglich ein kurzes Zusammentreffen geplant war. „Aber dann haben wir uns absolut verplappert. Und Wein getrunken, nicht zu knapp“, erinnert sich Hornstein. Im Laufe des Abends haben sie sämtliche Weine des Weinguts verkostet.
Den neuen Grand Cuvée selbst hat freilich der junge Winzer kreiert. Und zwar auf Grundlage eben jener
Rebsorten, die Löwentraut bei der Verkostung am liebsten mochte. Alles andere jedoch ist ein Gemeinschaftswerk. Das Bild für das Etikett haben die beiden gemeinsam aus Löwentrauts Bestand ausgesucht, genauso wie die Flasche. 2,30 auf 1,80 Meter ist das Original groß. Es musste in verschiedenen Abschnitten abfotografiert werden, ehe es eingescannt werden konnte. Danach galt es, einen Hersteller zu finden, der die Ansprüche umsetzen konnte.
Acht Monate hat es von der Idee bis zum Wein in der etikettierten Flasche gedauert. Herausgekommen ist ein Grand Cuvée aus Hornsteins besten Weinen des Jahrgangs 2021. Er vereint die Rebsorten Grauburgunder, Auxerrois und Riesling miteinander. „Die beiden Burgundersorten sind beide schön cremig, sie haben eine langsame Gärung und einen langen Ausbau der Vollhefe“, erläutert Josef Hornstein. Der Wein werde komplett mit der Hefe im Tank gelassen. So werde er cremiger und öliger und bekomme eine schmelzige Note. „Mit dem Riesling ist Säure eingebaut, damit wir am Ende einen schönen Frischekick haben“, sagt er.
Mit Löwentraut angestoßen wird nur symbolisch. Er ist der einzige, der keinen Wein in der Hand hält. „Ich bin froh, dass wir endlich mit dem Wein raus sind und das Geld für einen guten Zweck spenden“, sagt Löwentraut und wünscht den Gästen in Nonnenhorn, sie mögen den Abend noch genießen. „Während ich hier gleich wieder loslege im Atelier und meine Session habe, die wieder die ganze Nacht gehen wird.“