Schwäbische Zeitung (Tettnang)
WM statt Arbeitsamt
Für Andries Noppert heißt es Elftal statt Friesland – Niederländer erlebt einen Traum
DOHA (SID) - Als Andries Noppert im Frühjahr zu ersten Spekulationen über ein Oranje-Debüt gefragt wurde, lachte er. Ob die regionale Auswahl der Provinz Friesland gemeint sei, antwortete er ungläubig. Aber die berühmte Elftal? Der 28-Jährige hatte sich nicht verhört. Was vor einigen Monaten noch unvorstellbar geklungen hatte, ist auf der größtmöglichen Bühne überraschend Realität geworden – dabei war er vor nicht einmal zwei Jahren arbeitslos.
Der Keeper feierte beim mühevollen 2:0 der Niederlande gegen Senegal die gelungene WM- und Nationalteam-Premiere in einem. Auch am Freitag wird der 2,03 m große Hüne im zweiten Gruppenspiel gegen Ecuador (17 Uhr/ARD und MagentaTV) im Tor stehen. Der eigenwillige Bondscoach Louis van Gaal hatte mit seiner Entscheidung gegen Remko Pasveer und Justin Bijlow – den Freiburger Mark Flekken und Jasper Cillesen berief er erst gar nicht für das Turnier – wieder einmal alle verblüfft. „Herr van Gaal wäre nicht Herr van Gaal, wenn es nicht eine Überraschung gäbe“, sagte Noppert.
Das Team um Superstar Virgil van Dijk kann mit dieser Überraschung jedoch sehr gut leben. „Er ist ein echter Friese. Nüchtern, aber sehr direkt. Er ist ein Junge ganz nach meinem Geschmack“, lobte Kapitän van Dijk. Jeder, ergänzte der Ex-Bremer Davy Klaassen, „hält Andries für einen Top-Typen“. Ein Top-Typ, aber lange kein Top-Torwart. Zumindest keiner, der trotz seiner Größe – Noppert ist der längste WM-Spieler – auffiel. Von Breda, wo er in knapp vier Jahren gerade einmal sieben Spiele bestritt, ging es 2018 erst einmal zum italienischen Serie-B-Club Foggia. Aber ohne Erfolg. Danach hieß es: Arbeitsamt, Zweitligist Dordrecht, erneut Arbeitsamt.
Die Familie wollte bereits, dass sich Noppert einen „normalen“Job bei der Polizei sucht. Doch der blieb stur und bekam im Januar 2021 bei den Go Ahead Eagles in der Eredivisie eine neue Chance. Von dort ging es dann im Sommer zu seinem Jugendverein Heerenveen – und nach nur 14 Spielen direkt ins WM-Team.
Eine Entwicklung, die Noppert, der im September beim Nations-League-Spiel gegen Belgien erstmals im Kader gestanden hatte, „nie für möglich gehalten hat“. Dass für ihn ein „Kindheitstraum“in Erfüllung ging, musste er nicht extra erwähnen.