Schwäbische Zeitung (Tettnang)

WM statt Arbeitsamt

Für Andries Noppert heißt es Elftal statt Friesland – Niederländ­er erlebt einen Traum

- Von Thomas Niklaus

DOHA (SID) - Als Andries Noppert im Frühjahr zu ersten Spekulatio­nen über ein Oranje-Debüt gefragt wurde, lachte er. Ob die regionale Auswahl der Provinz Friesland gemeint sei, antwortete er ungläubig. Aber die berühmte Elftal? Der 28-Jährige hatte sich nicht verhört. Was vor einigen Monaten noch unvorstell­bar geklungen hatte, ist auf der größtmögli­chen Bühne überrasche­nd Realität geworden – dabei war er vor nicht einmal zwei Jahren arbeitslos.

Der Keeper feierte beim mühevollen 2:0 der Niederland­e gegen Senegal die gelungene WM- und Nationalte­am-Premiere in einem. Auch am Freitag wird der 2,03 m große Hüne im zweiten Gruppenspi­el gegen Ecuador (17 Uhr/ARD und MagentaTV) im Tor stehen. Der eigenwilli­ge Bondscoach Louis van Gaal hatte mit seiner Entscheidu­ng gegen Remko Pasveer und Justin Bijlow – den Freiburger Mark Flekken und Jasper Cillesen berief er erst gar nicht für das Turnier – wieder einmal alle verblüfft. „Herr van Gaal wäre nicht Herr van Gaal, wenn es nicht eine Überraschu­ng gäbe“, sagte Noppert.

Das Team um Superstar Virgil van Dijk kann mit dieser Überraschu­ng jedoch sehr gut leben. „Er ist ein echter Friese. Nüchtern, aber sehr direkt. Er ist ein Junge ganz nach meinem Geschmack“, lobte Kapitän van Dijk. Jeder, ergänzte der Ex-Bremer Davy Klaassen, „hält Andries für einen Top-Typen“. Ein Top-Typ, aber lange kein Top-Torwart. Zumindest keiner, der trotz seiner Größe – Noppert ist der längste WM-Spieler – auffiel. Von Breda, wo er in knapp vier Jahren gerade einmal sieben Spiele bestritt, ging es 2018 erst einmal zum italienisc­hen Serie-B-Club Foggia. Aber ohne Erfolg. Danach hieß es: Arbeitsamt, Zweitligis­t Dordrecht, erneut Arbeitsamt.

Die Familie wollte bereits, dass sich Noppert einen „normalen“Job bei der Polizei sucht. Doch der blieb stur und bekam im Januar 2021 bei den Go Ahead Eagles in der Eredivisie eine neue Chance. Von dort ging es dann im Sommer zu seinem Jugendvere­in Heerenveen – und nach nur 14 Spielen direkt ins WM-Team.

Eine Entwicklun­g, die Noppert, der im September beim Nations-League-Spiel gegen Belgien erstmals im Kader gestanden hatte, „nie für möglich gehalten hat“. Dass für ihn ein „Kindheitst­raum“in Erfüllung ging, musste er nicht extra erwähnen.

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FOTO: PRO SHOTS PHOTO AGENCY/IMAGO Torhüter Andries Noppert (li.) Düberragt sie alle.

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