Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Die Welt, ein einziges Rätsel
Selten hat so viel Unordnung auf der Erde geherrscht wie im Moment. Kein Wunder also, wenn sich der ratlose Mensch nach geordneteren Verhältnissen sehnt. Einer klaren Linie, an der er sich zur Not festklammern kann. Einem äußeren wie inneren Kompass, dessen Nadelbewegung man voll Gottvertrauen folgen kann. Das Bedürfnis nach sauberer Ordnung stillen viele Menschen, indem sie sich bei der Zeitungslektüre der Rätselseite widmen. Denn Rätsel sind naturgemäß Konstrukte, denen man am besten durch ordentliches Denkvermögen beikommt. Und ein gelöstes Rätsel ist immer auch ein gelöstes Chaos.
Umso bitterer, wenn man etwa beim Kreuzworträtsel in eine gemeine Falle tappt, weil es bei gleicher Buchstabenanzahl mehrere Worte gibt, die hineinpassen. Wenn man dann noch den Anfängerfehler begeht, mit Kugelschreiber statt mit Bleistift geschrieben zu haben, geht die unselige Patzerei und Kleckserei los. Und am Ende sieht das Schwedenrätsel unter aller Sau aus. Und die Sehnsucht nach ein wenig Ordnung versinkt in bitterer Enttäuschung. Beim Sudoku, wo es darum geht, fehlende Zahlen durch logisches Denken zu finden, lauern ähnliche Gefahren. Glücklicherweise ist die Grundbedingung für das Lösen dieser Rätselart kein breites Allgemeinwissen wie beim Schwedenrätsel, sondern die Fähigkeit, fehlerfrei von eins bis neun zählen zu können.
Warum das Schwedenrätsel eigentlich Schwedenrätsel heißt und welchen Namen dieses Rätsel in Schweden hat? Das bleibt in Zeiten der Unordnung, so wie die Welt selbst, ein ungelöstes Rätsel. (nyf)