Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Lauterbach plant Gesetz gegen Medikamentenmangel
Bundesgesundheitsminister nimmt Kampf gegen Lieferengpässe auf – Kassen haben massive Zweifel
BERLIN - Angesichts von Lieferengpässen für bestimmte Medikamente will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit einem Gesetz gegensteuern. Konkret geht es um Nachahmerprodukte, Generika genannt.
Diese Medikamente werden nach Patentablauf viel billiger als das Original angeboten. Dort herrscht ein gewaltiger Preisdruck, weshalb die Produktion häufig in China und Indien erfolgt. Acht von zehn verschriebenen Medikamenten sind Generika. Die Krankenkassen schließen dafür Rabattverträge ab. Dabei sagen Pharmahersteller einen satten Preisnachlass zu. Dafür nutzt die Kasse für ihre Versicherten dann nur das Präparat dieser Anbieter. Der niedrigste Preis gewinnt. Die Laufzeit beträgt zwei Jahre.
Lauterbach will Krankenkassen dazu verpflichten, auch bei teureren Herstellern einzukaufen. Falle der Anbieter mit dem günstigen Wirkstoff aus, sollen die Kassen ihn von anderen Unternehmen beziehen. Es könne „nicht sein, dass wir versuchen, bei den Wirkstoffen zum Teil ein paar Cent zu sparen, dann aber dafür die Versorgung der Bevölkerung riskieren“.
Die Krankenkassen zeigen sich denn auch zurückhaltend. Es müsse „genau auf Risiken und Nebenwirkungen geachtet werden“, so Florian Lanz, Sprecher des Spitzenverbandes der Kassen. Sobald ein Gesetzesentwurf vorliege, werde man den sorgfältig prüfen. „Eins muss aber klar sein:
Es kann nicht sein, dass die Beitragszahlenden für falsche Standortentscheidungen von internationalen Pharmakonzernen zahlen müssen.“Und der AOK-Bundesverband weist darauf hin, dass Rabattverträge für Planungssicherheit bei den Herstellern sorgen würden und mittlerweile das Anlegen einer Reserve für drei Monate als Absicherung gegen Produktionsoder Lieferausfälle Vertragsbestandteil sei. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände wiederum begrüßt „es sehr, wenn die Politik sich des Problems der Lieferengpässe annehmen will“. Dazu müsse die Struktur der Rabattverträge und die Diversifizierung der Lieferketten angegangen werden, so ein Sprecher. „Aber zum Nulltarif wird sich die Versorgungssituation der Patienten nicht verbessern lassen.“
Lieferengpässe werden seit 2013 erfasst. Damals wurden 42 Meldungen registriert. 2017 waren es bereits 108 Fälle. Laut einer Liste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte sind aktuell 300 Medikamente betroffen, wobei einige immer mal wieder lieferfähig werden und andere dafür ausfallen. Gängige Antibiotika, Schmerzmittel, Blutdrucksenker sind darunter. Auch Medikamente gegen Depressionen, Epilepsie oder Parkinson sind regelmäßig betroffen. Als Engpass gilt, wenn eine Arznei mindestens zwei Wochen nicht beschaffbar ist. Häufig können alternative Medikamente verabreicht werden. Gibt es jedoch keine gleichwertigen Alternativen, wird es gefährlich.