Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Ein Leben voller Hochs und Tiefs
Mit „Verdammt, ich lieb’ dich“schrieb Matthias Reim einen Dauerbrenner – Jetzt wird er 65
MÜNCHEN (AFP) - Ob dieser Mann jemals zur Ruhe kommen wird – oder kommen will? Bei Matthias Reim kam in diesem Jahr das siebte Kind von der sechsten Frau zur Welt, nach Herzproblemen vor einigen Jahren bremste ihn zuletzt ein Burn-out aus. Doch auch mit 65 Jahren, die er am Samstag erreicht, zieht es Reim weiter auf die Bühne. „Ich habe wieder Bock aufs Leben – verdammt, es geht weiter“, heißt sein jüngstes Lebensmotto.
Das Wörtchen „verdammt“wäre im deutschen Sprachgebrauch wohl ewig ein unscheinbares Fluchwort geblieben ohne Reim und dessen größten Hit. „Verdammt ich lieb’ dich“ist einer der wenigen Schlager nach der großen Schlagerphase der 70er-Jahre, bei dem fast jeder auch die nächsten Zeilen mitsingen kann: „... ich lieb’ dich nicht, verdammt ich brauch’ dich, ich brauch’ dich nicht“. Reim schrieb einen der größten Evergreens der jüngeren Schlagergeschichte und verlieh damit im Jahr 1990 dem nach der Neuen Deutschen Welle erst wieder allmählich in Schwung kommenden Schlagergeschäft kräftig Fahrt.
Der am 26. November 1957 im hessischen Korbach geborene Reim hat seinen Durchbruch zu einem großen Stück Bernhard Brink zu verdanken. Der als Sänger zu der Zeit noch völlig unbekannte Reim war damals Brinks Musikproduzent und bot diesem das Lied an. Doch Brink fand, dass „Verdammt ich lieb’ dich“nicht zu ihm passe, sondern einen verruchten Typen mit kratzigem Gesang brauche, erinnerte sich Brink einmal in der „Bild“-Zeitung. Und der habe hinter ihm gestanden – nämlich Reim. „Ich sagte zu Matze, das ist genau die richtige Nummer für dich – wenn du damit keinen Erfolg hast, dann wirst du nie Erfolg haben.“
Der Erfolg war gigantisch. Reim stand über viele Wochen an erster Stelle der deutschen Singlecharts. Mit „Ich hab’ geträumt von dir“konnte der gern mit seinem Sex-Appeal spielende Sänger direkt den nächsten Goldhit nachlegen, auch seine beiden ersten Alben „Reim“und „Reim 2“wurden Verkaufserfolge.
Doch dann begann manches im Leben des Sängers schiefzulaufen. In den ersten Erfolgsjahren scheiterte seine erste und bald auch seine zweite Ehe. Als er 1999 mit der Schlagersängerin Michelle eine Beziehung einging, wurde der Gegensatz deutlich: Reims Lieder floppten immer mehr, während Michelle durchstartete.
2001 hatte Michelle mit ihrem Start beim Eurovision Song Contest den endgültigen Durchbruch, während für Reim die dunkelste Phase begann: Er hatte sich mit ostdeutschen Immobilien verspekuliert und saß auf Millionenschulden, die Beziehung zu Michelle scheiterte.
Reim ist nicht der erste Schlagerstar, der tief fiel – aber er wurde einer der wenigen, der wieder hochkam.
Nach einigen Jahren Privatinsolvenz konnte er wieder Fuß fassen. Dabei half ihm auch, dass die Schlagerliebe in Ostdeutschland so ausgeprägt ist. Er sei den Ostdeutschen dankbar, obwohl er hier sein Vermögen verloren habe, sagte Reim vor einigen Jahren dem „Spiegel“. Der Osten habe es ihm genommen – „und dann hat er es mir wiedergegeben“.
Inzwischen ist Reim obenauf, seine letzten zehn Alben landeten alle in den Top Ten. Der inzwischen am Bodensee lebende Sänger ist seit 2020 mit der Schlagersängerin Christin Stark verheiratet, mit der er auch sein siebtes Kind hat. Christin habe ihm auch bei seinem Zusammenbruch vor einigen Wochen zur Seite gestanden. „Ich habe wirklich voll eins auf die Glocke gekriegt – das will ich nicht noch mal erleben“, sagte Reim der „Bild“. Ruhiger angehen lässt er es trotzdem nicht – gute 20 Konzerte stehen bei Reim schon wieder bevor.