Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Einwendung­en gegen den Wohnbau an der Schussen

Signal des Bauherrn: Zufahrt wird in großen Teilen breiter – Interesse der Öffentlich­keit ist spürbar

- Von Roland Weiß

MECKENBEUR­EN - Wohl nur dem Vorhaben am Alte-Schmiede-Platz kommt in der Schussenge­meinde derzeit ähnlich große Aufmerksam­keit zu: Wie es mit dem Neubau von 13 Mehrfamili­enhäusern (48 Wohneinhei­ten) in der Brochenzel­ler Straße vorangeht, dem kommt großes Interesse zu. So groß, dass die „Erweiterun­g der Privatstra­ße“gar Thema im Technische­n Ausschuss sein sollte – obwohl sie verfahrens­frei ist. Dazu kam es nun aber doch nicht...

Was nichts mit dem Tagesordnu­ngspunkt als solchem zu tun hatte: Vielmehr wurde die TA-Sitzung in Gänze abgesagt. Allen Anträgen ließ sich mit dem Einvernehm­en des Bürgermeis­ters abhelfen.

„Das große Interesse der Öffentlich­keit“an dem Baugebiet nahe der Schussen (9600 Quadratmet­er, zuvor Gärtnerei Brockner) ist der Verwaltung­sbank bewusst, sagt Patrick Gohl. Der Leiter Bauordnung­srecht verweist darauf in Antwort auf eine SZ-Anfrage. Denn: Private Verkehrsan­lagen (und darum handelt es sich bei der Zufahrt ins Baugebiet, die die Bauherren im Vorfeld erworben hatten), dürfen ohne Verfahren gebaut werden – außer Brücken mit einer Spannweite von mehr als fünf Metern. Erweitert werden soll die Straße auf einer Länge von 80 Metern – gleichsam zwei Drittel der Zuwegung. Im hinteren Teil (von der Einmündung in die Landesstra­ße aus gesehen) lässt sie sich um 1,25 Meter verbreiter­n. Dazu haben die Bauherren von DoA-Invest (Sitz in Bottighofe­n/Schweiz) zwei Grundstück­e erworben, teilt Marius Keckeisen als einer der beiden DoA-Geschäftsf­ührer mit. Und das, „obwohl das baurechtli­ch nicht nötig gewesen wäre“– sei die Baugenehmi­gung doch mit den bisherigen Breiten erteilt worden.

Zugegeben: „Die Zufahrt hatte einen überschaub­aren Komfort“, bezieht sich Keckeisen darauf, dass sich dieser für die Anwohner mit der Erweiterun­g erhöhe, wie es das Bestreben von DoA sei. Mit diesem Schritt lasse man den eigenen Worten Taten folgen. Bis zu 5,55 Metern werde die Straße nun breit. Die schmalste Stelle befindet sich auf Höhe des Parkplatze­s beim Küchenstud­io – hier sind es laut Plan 4,13 Meter.

Hatte der Gemeindera­t das Projekt im Februar mehrheitli­ch gebilligt, so erging in der Folge die Baugenehmi­gung durchs Landratsam­t. Dieses prüft auch die Einwendung­en und entscheide­t dazu. Auf SZ-Anfrage teilt Lars Gäbler (Referent Presseund Öffentlich­keitsarbei­t) mit: „Die Baugenehmi­gung wurde im Mai erteilt. Gegen diese wurde anschließe­nd Widerspruc­h eingelegt“– dieses Verfahren laufe aktuell.

Und: Obwohl der Antrag auf „Erweiterun­g der Privatstra­ße“verfahrens­frei sei und daher keine Baugenehmi­gung benötige, habe man sich bewusst für ein Baugenehmi­gungsverfa­hrens entschiede­n, erklärt Gäbler. Der Grund: Die Erweiterun­g dient als Erschließu­ng zu dem Bauvorhabe­n, daher sollte die Nachbarsch­aft informiert und beteiligt werden. „Folglich sind also auch hier Nachbarein­wendungen möglich“, teilt er mit. Befragt zu formellen Vorgaben: „Nachbarein­wendungen müssen innerhalb von vier Wochen nach Zustellung der Benachrich­tigung bei der Gemeinde vorgebrach­t werden. Die Baurechtsb­ehörde muss diese prüfen und darüber entscheide­n. Wird die Baugenehmi­gung dennoch erteilt, kann wiederum innerhalb eines Monats nach Zustellung der Baugenehmi­gung Widerspruc­h eingelegt werden.“

Theoretisc­h habe dieser keine aufschiebe­nde Wirkung, denn sofern die Voraussetz­ungen für eine Baufreigab­e vorliegen, könne gebaut werden. „Praktisch“sehe das natürlich anders aus, so Gäbler, „weil in der Regel das Widerspruc­hsverfahre­n und damit der Bestand der Baugenehmi­gung abgewartet wird.“

Angesproch­en auf die Einwendung­en ist Marius Keckeisen „guter Dinge“, dass sich das Projekt verwirklic­hen lässt. „Wir planen parallel weiter“, bestätigt er, schränkt aber auch ein, dass „der eine oder andere Schritt“im Moment noch nicht gegangen werde: „Bis wir Rechtssich­erheit

haben“, werde damit gewartet. Nicht mehr festhalten lässt sich damit offenbar an dem im Februar genannten Fertigstel­lungstermi­n „Frühjahr 2025“. Der Fortgang verzögere sich unnötig, ist die Sicht der Bauherrsch­aft.

Als einer der Anlieger zeigt sich Michael Blaich zwar froh, dass die Verbreiter­ung angedacht ist, bleibt aber skeptisch, denn: „Es ändert sich ja nichts an der Anzahl der vorbeifahr­enden Autos und deren Immissione­n, sowie die problemati­sche Ein-/Ausfahrt in die Hauptstraß­e“. Als einzigen Ausweg sieht Blaich weiterhin die entlastend­e Ausfahrt nach Süden an, die ihm zufolge „weder die Gemeinde noch die Bauherren finanziere­n“wollen.

Dieser Zugang vom Süden her müsste über die kleine Brücke führen, die über die Altmannstr­aße und einen Feldweg erreichbar ist und auf ein Privatgrun­dstück führt. Auf SZAnfrage erläutert Patrick Gohl., dass es sich um keine öffentlich­e Brücke handle, sondern um eine, die sich in privatem Besitz befindet. Er verweist darauf, dass eine Erschließu­ng von dieser südlichen Seite her nicht geprüft, da nicht beantragt worden sei.

Gesetzt den Fall stellt es sich aber wohl so dar: Auf der bestehende­n Trasse wäre ein Ausbau des Feldwegs nicht möglich. Wäre der Umbau des Wegs gewollt, müsste – wasserrech­tlich bedingt – mit der Straße vom Bach abgerückt werden (wie im vorderen Teil auf Höhe des neuen Baugebiets). Nur: Die dann benötigten Grundstück­e sind nicht im Eigentum der Gemeinde, soviel kann Gohl sagen.

 ?? FOTO: RWE ?? Ein Bild aus der Vergangenh­eit: Die Anlagen der Gärtnerei Brockner sind inzwischen in Gänze abgeräumt. Der Fortgang der Arbeiten aber stockt – gewartet wird auf den Umgang mit den Einwendung­en.
FOTO: RWE Ein Bild aus der Vergangenh­eit: Die Anlagen der Gärtnerei Brockner sind inzwischen in Gänze abgeräumt. Der Fortgang der Arbeiten aber stockt – gewartet wird auf den Umgang mit den Einwendung­en.

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