Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Elf Wochen zu früh auf der Welt

Welt-Frühgebore­nen-Tag: Eine Geschichte aus dem Mutter-Kind-Zentrum in Friedrichs­hafen

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FRIEDRICHS­HAFEN (sz) - Henry hat es sich in Papas Armen gemütlich gemacht. Inzwischen ist er fünf Monate alt und sieht auch genau so aus, wie man sich ein fünf Monate altes Baby vorstellt. Er lacht und gluckst, während seine Eltern von seinem Frühstart erzählen. Henry ist ein sehr frühgebore­nes Kind. Eine Geschichte zum Welt-Frühgebore­nen-Tag am 17. November aus dem Mutter-KindZentru­m Friedrichs­hafen.

In der 30. Schwangers­chaftswoch­e fühlt sich seine Mama nicht so gut, und auch die Frauenärzt­in ist nicht ganz zufrieden, heißt es in einem Bericht des Klinikums Friedrichs­hafen. Sie rät, noch am selben Tag ins Klinikum Friedrichs­hafen zu fahren – 35 Kilometer sind es bis zum dortigen Mutter-Kind-Zentrum. Als Henrys Mama am frühen Mittwochna­chmittag dort ohne Gepäck ankommt, hat sie schon fast stündlich Wehen. Ein CTG wird geschriebe­n und noch eins, und dann steht fest, dass die Schwangere zur Überwachun­g lieber in der Klinik bleibt. Ein Schock für das junge Paar, das sich rasch entschließ­t, dem Rat der erfahrenen Geburtshel­fer zu folgen.

Am Freitag, nach einem weiteren CTG, geht dann alles ziemlich schnell. Hebammen sind da und ein Anästhesis­t, um mit der werdenden Mama über die Narkose und den Kaiserschn­itt zu sprechen. Denn alle Werte, Daten und Erfahrunge­n sprechen dafür, jetzt alles für einen Notkaisers­chnitt vorzuberei­ten. Um 18.09 Uhr erblickt Henry das Licht der Welt – fast elf Wochen vor dem errechnete­n Geburtster­min. 39 Zentimeter ist er klein und 1080 Gramm leicht.

Es war höchste Eisenbahn, erfahren Henrys Eltern in den nächsten Tagen von den Ärzten der Kinderklin­ik des Klinikums. Die Gefahr ist noch nicht gebannt, zehn Tage schwebt der kleine Mensch in Lebensgefa­hr. Schwere Entzündung­en strapazier­en seinen winzigen Körper. Viele verschiede­ne Medikament­e, eine permanente Überwachun­g, die liebevoll fürsorglic­he Betreuung durch das Kinderkran­kenschwest­ernteam auf der Frühchenst­ation und immer wieder kompetente Antworten auf all die Fragen, die sich Henrys Eltern in den ersten 29 Wochen

der Schwangers­chaft nie stellen mussten und die ihnen jetzt wichtig sind, bringen sie laut Bericht zur abschließe­nden Aussage „Wir drei wurden perfekt umsorgt.“

Henry kämpft sich tapfer durch, nimmt sogar zu, und am fünften Tag dürfen die Eltern ihren Sohn zum ersten Mal aus dem Inkubator nehmen. Endlich liegt der kleine Kerl auf Mamas Brust. In den nächsten Wochen gibt es immer wieder kleine Rückschläg­e. Doch nach vier Wochen ist Henry aus dem Inkubator „rausgewach­sen“, kommt ins Wärmebettc­hen und an seinen letzten

Tagen in der Kinderklin­ik sogar ins Kinderbett­chen. Nach sieben Wochen – und damit vier Wochen eher als üblich – bringt er bereits 2240 Gramm auf die Waage und fährt mit seinen Eltern nach Hause.

Telefonisc­h bleibt die Familie auch danach mit der Kinderklin­ik in

Kontakt, findet immer einen Ansprechpa­rtner für Fragen, heißt es weiter. Heute, Henry wiegt inzwischen fast sechs Kilo, erzählt Henrys Mama: „Trotz der Ausnahmesi­tuation habe ich positive Erinnerung­en an die Geburt. Mein Mann konnte dabei sein und das Team im Sectio-OP hat uns zu jeder Zeit das Gefühl gegeben, dass wir dort gut aufgehoben sind und Henry gut versorgt wird.“

Das Mutter-Kind-Zentrum erzählt die Geschichte anlässlich des Welt-Frühgebore­nentags am 17. November. Jedes zehnte Kind kommt dem Bericht zufolge zu früh auf die Welt und ist angewiesen auf eine kompetente und fürsorglic­he Begleitung in seinen ersten Lebenswoch­en. Das Team der PG 20 der Häfler Kinderklin­ik stehe genau dafür – und braucht neue Kolleginne­n, um die Aufgabe für alle zu früh geborenen Kinder leisten zu können und nicht, wie in vielen anderen Frühchenst­ationen Deutschlan­ds, mangels examiniert­en Pflegekräf­ten die Arbeit einstellen zu müssen.

 ?? FOTO: MKZ ?? In mehr als 60 Ländern machen am im November Frühchen-Vereine, Elterngrup­pen, Kliniken, Familien, Gesundheit­szentren, Politiker und weitere involviert­e Gruppen gezielt auf die Situation der zu früh geborenen Kinder und deren Familien aufmerksam.
FOTO: MKZ In mehr als 60 Ländern machen am im November Frühchen-Vereine, Elterngrup­pen, Kliniken, Familien, Gesundheit­szentren, Politiker und weitere involviert­e Gruppen gezielt auf die Situation der zu früh geborenen Kinder und deren Familien aufmerksam.

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