Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Heftige Kontroverse um Einbürgerung
Strobl sieht in Reform „Irrweg“und Werteverlust – Grüne kritisieren „verstaubtes Weltbild“
BERLIN/STUTTGART (AFP/dpa/epd) - Der Streit um die Reform des Staatsbürgerrechts in Deutschland hat sich am Wochenende zugespitzt. Politiker der Union warnten davor, die deutsche Staatsbürgerschaft zu „verramschen“und sehen in den Plänen „sozialen Sprengstoff“. Die Grünen warfen der Union ein realitätsfernes Geselschaftsbild vor.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) warnte in der Diskussion über die Reform vor Ressentiments. Es habe viele Menschen „tief verletzt“, dass die Debatten in der Vergangenheit häufig von „Stimmungsmache“
geprägt gewesen seien, schrieb Faeser in einem Gastbeitrag für den „Tagesspiegel“. Das werde einem modernen Einwanderungsland nicht gerecht. „Die Reform unseres Staatsangehörigkeitsrechts ist lange überfällig und eine große Chance, unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken.“
Laut dem Gesetzesentwurf für eine Reform sollen die Aufenthaltsdauer in Deutschland bis zur Möglichkeit der Einbürgerung verkürzt, Sprachanforderungen für bestimmte Gruppen reduziert und künftig hingenommen werden, wenn Menschen mehrere Staatsbürgerschaften haben. Baden-Württembergs Innenminister hält die Pläne für „zutiefst fragwürdig“und spricht von einem „Irrweg“. „Die Staatsbürgerschaft ist ein hohes Gut, etwas, das am Ende eines Integrationsprozesses steht, ein klares Bekenntnis zum deutschen Staat und seinen Werten“, so Strobl.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt kritisierte in der „Bild“-Zeitung: „Die deutsche Staatsbürgerschaft zu verramschen fördert nicht die Integration“, sondern bezwecke das Gegenteil.
Stephan Thomae, Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, konterte: „Die Union verkennt nach wie vor, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist.“Filiz Polat, Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, wirft der Union ein „verstaubtes Weltbild“vor. Und Südwest-Integrationsminister Manfred Lucha (Grüne) erinnerte an die ökonomischen Umstände: „Wir brauchen als modernes Einwanderungsland ein modernes Staatsbürgerschaftsrecht, um attraktiver im globalen Wettbewerb zu werden und Fachkräfte zu binden.“