Schwäbische Zeitung (Tettnang)
RRPS-Betriebsrat fordert Extraprämie
Vorstand reagiert zurückhaltend – Konzernchef mit Standing Ovations verabschiedet
FRIEDRICHSHAFEN - Standing Ovations für den scheidenden Boss, ein Tritt gegen das Schienbein des schon verabschiedeten Chefs, die Forderung des Betriebsrats, angesichts voller Auftragsbücher allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Extraprämie zu bezahlen – bei der Betriebsversammlung von Rolls-Royce Power Systems (RRPS) in der Messe am Freitagvormittag war einiges los. Um die 4000 Menschen waren vor Ort. Die letzte Versammlung außerhalb des Internets hatte im November 2019 stattgefunden.
Trotz Krieg und Energiekrise – der Laden läuft im Moment bei RRPS. Angesichts konstant hoher Nachfrage nach den MTU-Motoren des Konzerns formulierte Betriebsratsvorsitzender Thomas Bittelmeyer in Richtung
Vorstand die klare Erwartung, „eine Schippe oben drauf zu legen“. Damit meint er eine Extraprämie, die über das hinausgeht, was die Tarifparteien unlängst für die Metallindustrie vereinbart haben. Eine konkrete Zahl nannte Bittelmeyer nicht. Nur so viel: „Eine Schippe ist mehr als 100 oder 200 Euro.“100 Euro seien in dem Zusammenhang „Krümelchen“.
Thelse Godewerth, im RRPS-Vorstand unter anderem fürs Personal verantwortlich, reagierte zunächst zurückhaltend. „Wir müssen prüfen, ob das realistisch ist“, sagte sie bei einem gemeinsamen Pressegespräch mit dem Betriebsrat nach der Versammlung. Es gebe schließlich wegen des Tarifabschlusses schon jetzt „einen bunten Strauß an Sonderzahlungen“. Godewerth bekräftigte, dass das Unternehmen „vor der wahrscheinlich größten Transformation“seiner Geschichte steht. Stichwort: Dekarbonisierung. Dies passiere in einer Zeit, in der Krieg, Energiekrise, Pandemie und Lieferkettenprobleme „große Unsicherheiten schaffen“. Man müsse deshalb die Produktivität steigern und die Gewinnspannen des Unternehmens noch stärker in den Blick nehmen. Sie dankte den 9500 Mitarbeitern (davon über 6500 in Friedrichshafen) für ihren Einsatz: „Wir haben eine tolle Belegschaft, die das stemmen kann.“
Godewerth und Bittelmeyer hoben hervor, dass Warren East Gast der Betriebsversammlung war, Chef von Rolls-Royce, des britischen Mutterkonzerns von RRPS. Es sei der klare Wunsch des Managers gewesen, der zum Jahresende ausscheidet, noch einmal nach Friedrichshafen zu reisen. Der Besuch zeige die Verbundenheit
Easts mit RRPS und seine Begeisterung für MTU-Technologie, sagte Godewerth. Gemeinsam mit dem neuen RRPS-Chef Jörg Stratmann, Aufsichtsratsvorsitzender Jasmin Staiblin und Bittelmeyer habe er bei einem Podiumsgespräch seine Vision von der Zukunft des Unternehmens dargelegt. Die Belegschaft verabschiedete East mit Standing Ovations. Dem Mitte November zum Energiekonzern EnBW gewechselte Andreas Schell, der bis dahin RRPS geleitet hatte, verpasste Bittelmeyer noch eine nachträgliche, verbale Ohrfeige. Es sei unsäglich, dass er schon im Dienste des neuen Arbeitgebers unterwegs gewesen sei, obwohl er noch bei RRPS in Lohn und Brot gestanden habe, sagte der Betriebsratschef. Schell sei gemeinsam mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck aufgetreten.