Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Das tödliche Risiko aus dem Baumarkt

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Sie gilt als Modedroge – und ist in jedem Baumarkt legal und günstig zu kaufen: GBL. Gemixt mit Alkohol birgt sie eine tödliche Gefahr. Doch der Regierung sind die Hände gebunden, dagegen vorzugehen. Raimund Reintjes redet nüchtern über Drogen. Er klärt im Berliner Nachtleben über psychoakti­ve Substanzen auf – ohne erhobenen Zeigefinge­r, wie er betont. Umso eindringli­cher klingt es, wenn der Projektlei­ter der Aufklärung­sinitiativ­e Sonar über GBL spricht: „Wenn wir Alkohol mal als gegeben hinnehmen, ist GBL die mit Abstand problemati­schste Substanz im Berliner Nachtleben.“In der Industrie ist die chemische Verbindung Gamma-Butyro-1,4-Lacton ein weit verbreitet­es Lösungsmit­tel, wird unter anderem als Entferner für Graffiti und Nagellack sowie als

Weichmache­r in PVC-Folien verwendet.

In der Partyszene hat GBL noch viele andere Namen: Liquid Ecstasy, K.o.-Tropfen oder auch einfach nur G. Was macht es gerade für Jugendlich­e so gefährlich? „GBL ist in jedem Baumarkt legal zu kaufen und kostet selbst im Vergleich zu Alkohol, Nikotin und Cannabis sehr wenig“, sagt Reintjes. Vor allem, wenn man bedenkt, dass man für den gewünschte­n Rausch mit der Substanz nur sehr geringe Mengen braucht.

Darin liegt auch die größte Gefahr: „Die Überdosier­ung beim Eigenkonsu­m macht mindestens 95 Prozent der Probleme mit GBL aus“, sagt der Prävention­sexperte. Speziell in dunklen Clubs und bei jungen Menschen in ihrer Experiment­ierphase sei die Gefahr der Überdosier­ung sehr hoch.

Noch gefährlich­er als zu viel GBL ist nur der Mischkonsu­m. „Die Kombinatio­n aus GBL und Alkohol bedeutet in der Regel, dass die Person sofort ins Krankenhau­s muss“, sagt Reintjes. Es gab bereits Todesfälle. Doch GBL gefährdet nicht nur die, die es bewusst konsumiere­n. Als K.o.-Tropfen heimlich in ein Getränk gemischt, kann es Menschen bewusstund wehrlos machen – und damit der Gefahr sexueller Gewalt aussetzen.

Müsste man die Substanz angesichts dieses Missbrauch­spotenzial­s nicht stärker regulieren? Der Arbeitssta­b des Beauftragt­en der Bundesregi­erung für Sucht- und Drogenfrag­en verweist auf das sogenannte freiwillig­e Monitoring­system für die Grundstoff­überwachun­g. „Das geltende Strafrecht gibt ausreichen­de Handhabe, um gegen Täter vorzugehen, die GBL als K.o.-Tropfen einsetzen“, argumentie­rt ein Sprecher der Behörde. Hohe Freiheitss­trafen seien möglich. Unabhängig von der Frage der Strafbarke­it sei gezielte Prävention bei Frauennotr­ufen und in Beratungss­tellen geboten – und Aufklärung über die gesundheit­lichen Risiken des absichtlic­hen Konsums.

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FOTO: DPA K.o.-Tropfen.

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