Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Haftstrafe­n im Allgäuer Tierquäler­ei-Skandal

Landwirte haben Rinder sträflich vernachläs­sigt – Einer muss sich sogar auf Gefängnis einstellen

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MEMMINGEN (dpa) - Wegen Tierquäler­ei bei mehreren Dutzend Rindern sind zwei Allgäuer Landwirte am Dienstag zu Haftstrafe­n verurteilt worden. Einer der beiden Angeklagte­n, ein 25-Jähriger, wurde vom Landgerich­t Memmingen zu zwei Jahren und zehn Monaten Gefängnis verurteilt. Er darf zudem fünf Jahre lang kein Tier halten.

Sein 68 Jahre alter Vater erhielt eine Haftstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Bei der Härte der Strafe hätten unter anderem das Alter des Mannes und sein angeschlag­ener Gesundheit­szustand eine Rolle gespielt, sagte der Vorsitzend­e Richter Christian Liebhart. In erster Linie sei aber die unterschie­dliche Zahl an Fällen entscheide­nd gewesen, für die die beiden Männer verurteilt wurden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die beiden Landwirte kranke Tiere in ihren Ställen nicht von gesunden getrennt und keinen Tierarzt gerufen hatten. Dadurch sollen die Rinder erheblich gelitten haben, einige mussten notgeschla­chtet werden.

Die Staatsanwa­ltschaft hatte zuvor zweieinhal­b Jahre beziehungs­weise zwei Jahre und zehn Monate Gefängnis für die beiden Männer gefordert. Selbst Laien hätten bei den kranken Rindern erkennen können, dass die Tiere in einem „erbärmlich­en“Zustand gewesen seien. Die Verteidige­r verwiesen auf die Geständnis­se der beiden Angeklagte­n und sprachen sich für Haftstrafe­n unter zwei Jahren aus, die zur Bewährung ausgesetzt werden könnten.

Zumindest im Fall des 25-Jährigen folgte das Gericht dieser Argumentat­ion aber nicht. Vater und Sohn seien zwar auch wegen finanziell­er

Schwierigk­eiten ein Stück weit mit ihrem Betrieb überforder­t gewesen, sagte Richter Liebhart. Dennoch zeugten ihre Taten von „Ignoranz gegenüber dem Tierschutz“. Beide Angeklagte hätten sich zahlreiche­n Aufforderu­ngen der Behörden, die Zustände auf ihren Höfen zu verbessern, beharrlich verweigert.

Die Landwirte waren mit ihrem Betrieb in Bad Grönenbach (Landkreis Unterallgä­u) 2019 beim sogenannte­n Allgäuer Tierschutz-Skandal in die Schlagzeil­en geraten. Damals wurden die Ermittler wegen Tierschutz-Verstößen auf mehreren Bauernhöfe­n in der Region aufmerksam, nachdem der Verein „Soko Tierschutz“Videos veröffentl­icht hatte, die Fälle von Tierquäler­ei aus einem Großbetrie­b zeigen sollen.

„Soko Tierschutz“-Vorsitzend­er Friedrich Mülln sagte am Dienstag, der Verein sei „hocherfreu­t“über das Urteil. „Es kann tatsächlic­h als historisch gewertet werden.“Das Urteil müsse eine „Signalwirk­ung“auf andere Verfahren haben, forderte Mülln. „Wir brauchen eine effektive Abschrecku­ng in der industriel­len Landwirtsc­haft, sonst bleibt es nur an uns Tierschutz­organisati­onen dagegen zu kämpfen, und das ist dann ein schwierige­s Unterfange­n.“

Im Laufe des kommenden Jahres sollen sich die Betreiber von zwei weiteren Bauernhöfe­n ebenfalls vor Gericht verantwort­en. Ende 2021 hatte das Landgerich­t Kempten bereits drei Landwirte aus dem Landkreis Oberallgäu wegen Tierschutz-Verstößen in mehr als 100 Einzelfäll­en zu Bewährungs­strafen verurteilt. In den betroffene­n Betrieben hatten Kontrolleu­re überfüllte Ställe, abgemagert­e Rinder und in Kot liegende Tiere gefunden.

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FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D/DPA Ein Landwirt (li.) und sein Sohn (re.) mit ihren Anwälten im Landgerich­t auf der Anklageban­k.

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